Erzbischof Werner ThissenHamburg (epo). - Der Leiter der bischöflichen Kommission für Misereor, Hamburgs Erzbischof Werner Thissen, hält die Verstaatlichung des Energiesektors in Bolivien für entwicklungspolitisch sinnvoll. Gleichzeitig forderte Thissen ein eindeutiges Bekenntnis zur Armutsbekämpfung in Bolivien. Mit der Verstaatlichung der Erdgasförderung durch den Abschluss neuer, die Interessen Boliviens berücksichtigenden Vertragsvereinbarungen könne auch möglichen Korruptionsvorwürfen wirksamer begegnet werden.

"Unsere Armutsbekämpfung zielt auch auf die Förderung demokratischer Rechtsstaatlichkeit. Wenn der demokratisch gewählte Präsident Boliviens, Evo Morales, ankündigt, die bestehenden Verträge mit ausländischen Investoren neu gestalten und damit eine angemessene Beteiligung der armen Bevölkerung am Abbau der natürlichen Rohstoffvorkommen erreichen zu wollen, dann ergibt das entwicklungspolitisch durchaus Sinn", sagte der Misereor-Bischof am Mittwoch in Hamburg. "Viele lassen sich vom Reizwort "Verstaatlichung" irritieren. Es geht aber darum, dass der Staat die Entscheidungsgewalt über die vorhandenen Rohstoffe des Landes zurück gewinnen will und ein größerer Teil des Mehrwerts der Rohstoffförderung im Land verbleibt."

Mit der vom bolivianischen Präsidenten eingeleiteten Verstaatlichung der Erdgasförderung löse der erste bolivianische Staatspräsident indigener Herkunft ein Wahlversprechen ein, so Thissen. Morales hatte im Wahlkampf vor den Präsidentschaftswahlen im Dezember 2005 angekündigt, im Falle seines Wahlsiegs wolle er die zu 70 Prozent unterhalb der Armutsgrenze lebende Bevölkerung an den Erträgen aus dem Abbau natürlicher Rohstoffe in Bolivien beteiligen.

Ein Großteil der Verträge war nach Auffassung von Misereor ohne Rücksicht auf die verarmte indigene Bevölkerung von den Vorgängerregierungen zu äußerst profitablen Bedingungen für die ausländischen Investoren und Konzerne abgeschlossen worden. "Die, die jetzt über die angebliche Verstaatlichung lamentieren, hätten die früheren Missstände ebenso beklagen sollen, dann wären sie glaubwürdiger", meinte der Erzbischof.

Wichtig sei nun, dass das Geld für die Rohstoffe im Lande bleibe und sinnvoll in den Aufbau von Schulen, Krankenhäusern, Universitäten und Lehrwerkstätten investiert werde, sagte Thissen. Der Erzbischof hatte im vergangenen Oktober das südamerikanische Andenland besucht und noch im März in Hamburg mit Boliviens neuer Wirtschaftsministerin Celinda Sosa über Programme und Projekte erfolgreicher Armutsbekämpfung gesprochen.

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