Friedrichsdorf. - Drei Jahre nach ihrer Flucht aus Myanmar leben 860.000 Rohingya in Bangladesch immer noch im größten Flüchtlingslager der Welt, mehr als die Hälfte davon Kinder. Ihre Zukunft bleibt bestenfalls ungewiss. Während die humanitäre Krise morgen in ihr viertes Jahr geht, droht nun die Reduzierung der internationalen Hilfe – zum Teil aufgrund der mit COVID-19 verbundenen wirtschaftlichen Schäden.
Die internationale Kinderhilfsorganisation World Vision rief angesichts der brisanten Lage dazu auf, die Anstrengungen für eine friedliche Lösung des Konflikts zu verdoppeln. Sie warnte auch: Eine Reduzierung des Engagements in Bangladesch hätte zur Folge, dass sich die ohnehin schon unwürdigen Lebensbedingungen für gefährdete Flüchtlingskinder und ihre Familien weiter verschlechtern.
"Die Rohingya sind widerstandsfähige, mutige Überlebenskünstler, aber gerade die Eltern hier haben Angst", sagte Fredrick Christopher, Einsatzleiter von World Vision in Cox's Bazar (Bangladesch). "Sie müssen mitansehen, wie ihre Kinder in den Lagern ohne Ausbildung aufwachsen, die sie brauchen, um hier zurecht zu kommen und um sich eines Tages in Myanmar ein neues Leben aufzubauen. Diese Kinder könnten schnell zu einer verlorenen Generation werden. Mütter sagen zu mir: `Es ist jetzt drei Jahre her. Hat die Welt uns schon vergessen?"
Die Vorkehrungen gegen COVID-19 in den Lagern – so notwendig sie auch sein mögen – verstärken die extremen Risiken, denen Rohingya-Kinder bereits alltäglich ausgesetzt sind. Darunter sind körperliche und sexuelle Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch, Kinderheirat, Kinderarbeit und geschlechtsspezifische Gewalt. Christopher dazu: "Bereits vor der Pandemie hatten Rohingya-Kinder nur begrenzten Zugang zu Bildungseinrichtungen. Jetzt, da die Lernzentren geschlossen sind und weniger Nothelfer in den Lagern Zugang haben, sind sie noch weniger geschützt. Ohne Arbeit und Einkommen sehen sich viele Eltern gezwungen, Maßnahmen mit negativen Folgen für die Kinder zu ergreifen. Wir wissen, dass Kinderheirat auf dem Vormarsch ist, und Berichten zufolge arbeiten in einigen Lagern Kinder im Alter von 7 Jahren."
World Vision arbeitet mit Rohingya-Eltern, Imamen und lokalen Führungspersönlichkeiten zusammen, um den gemeinschaftsbasierten Kinderschutz zu stärken. Die internationale Hilfsorganisation unterstützt auch Familien, die von den gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen von COVID-19 betroffen sind.
"NGOs und UN-Organisationen bieten lebensrettende Dienstleistungen für eine provisorische Stadt mit fast 1 Million Einwohner. Diese Arbeit muss fortgesetzt werden, bis die Rohingya freiwillig und in Sicherheit und Würde nach Myanmar zurückkehren können", so Christopher. "Die Kinder der Rohingya zählen auf uns."
World Vision unterstützt in diesem Jahr mehr als 498.000 Rohingya-Flüchtlinge sowie Bewohner der Aufnahmegemeinden durch Schutz- und Bildungsdienste, Nahrungsmittelhilfe, Ernährungsprogramme für Mütter und Kinder, Wasser- und Hygiene-Einrichtungen und Bargeldhilfen.
Quelle: www.worldvision.de