Berlin. - In ihrem Bericht "Development Finance as Agro-Colonialism" haben elf NGOs jetzt das Scheitern europäischer Entwicklungsbanken im Rahmen der Finanzierung des Palmölunternehmens Feronia-PHC in der Demokratischen Republik Kongo aufgezeigt. Die Entwicklungsbanken haben demnach seit 2013 rund 150 Millionen US-Dollar in die Ölmühlen und Plantagen des Unternehmens gesteckt, ungeachtet der bestehenden Landkonflikte mit den umliegenden Gemeinden und der Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen, der Untergrabung von Arbeiterrechten und Gewalt gegen Gemeinden.
Auch die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG), Tochterunternehmen der staatlichen KfW Förderbank, sei seit 2015 mit einem Kredit von 16,5 Millionen Euro an der Finanzierung beteiligt, so der Bericht. 2018 hätten mehrere kongolesische Gemeinden aufgrund der Konflikte mit der börsennotierten Feronia Inc. und deren Tochterunternehmen PHC Beschwerde auf Mediation bei der DEG eingereicht. Zwei Jahre später habe der Plantagenbetreiber Konkurs angemaeldet; auf den Start der Mediation warteten die Beschwerdeführer*innen jedoch noch immer.
"Wie auch die anderen Entwicklungsbanken hat die DEG Geld gegeben, ohne die Strukturen zu haben, das Projekt im Sinne einer wirklichen Entwicklungsfinanzierung, die auf Stärkung der Lebensumstände der Menschen vor Ort abzielen sollte, begleiten zu können oder zu wollen", erklärte die Aktivistin und Entwicklungsexpertin Jutta Kill, die die Projektregion im Kongo im Januar 2020 für eine Recherche im Auftrag mehrerer NGOs, darunter urgewald und FIAN, besuchte. Wie der Bericht der NGOs zeigt, floss viel Geld in Managergehälter, Berater und Honorare für einen einflussreichen kongolesischen Politiker. Von den versprochenen Schulen, renovierten Häusern für Arbeiter*innen und Wasserpumpen sei bis heute kaum etwas zu sehen.
Im Zentrum des Konflikts steht die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Konzessionsrechte, die Feronia-PHC für sich reklamiert. Diese Landrechtsfrage ist auch Inhalt der Beschwerde, die bei der DEG anhängig ist. Der Mitbegründer des globalen Nahrungsmittelkonzerns Unilever erhielt 1911 Konzessionsrechte von der belgischen Kolonialregierung und wandelte Wälder in industrielle Palmölplantagen um. Das kongolesische Tochterunternehmen PHC, das die Konzessionsrechte hält, nutzt derzeit 25.000 Hektar der 107.000 Hektar großen Konzession für den Betrieb von Ölpalmplantagen. Seit Jahrzehnten kämpfen die umliegenden Gemeinden für Gerechtigkeit und Land. Sie sind dabei Gewalt und Unterdrückung ausgesetzt. Der Tod von drei Gemeindemitgliedern in den letzten fünf Jahren steht im Zusammenhang mit diesem Konflikt.
Anstatt die Insolvenz von Feronia Inc. zum Anlass zu nehmen, lokale Unternehmen in der Hand der Gemeinden aufzubauen und den Menschen ihr Land zurückzugeben, halten die Entwicklungsbanken an diesem kolonialen Modell von Landnutzung durch Plantagenwirtschaft fest, so die NGOs. Als größter Anteilseigner und Kreditgeber hätten die Entwicklungsbanken CDC (UK), Proparco (Frankreich), AECID (Spanien), FMO (Niederlande), BIO (Belgien) und die DEG zugestimmt, die Anteile, die Feronia Inc. am kongolesischen Unternehmen PHC hielt, an den privaten Aktienfonds Straight KKM mit Sitz auf Mauritius zu übertragen. Auch einen massiven Schuldenschnitt zugunsten des neuen Finanzinvestors hätten sie in Aussicht gestellt.
"Entwicklungsgelder haben mehr Unglück als Entwicklung in die Gemeinden gebracht. Entwicklung bedeutet die Restitution von Land, das den Gemeinden vor mehr als 100 Jahren geraubt wurde. Der Status quo ist einfach die Fortsetzung der Kolonialisierung im Zeitalter der Demokratie", sagte Jean-François Mombia Atuku, Direktor der kongolesischen Organisation RIAO-RDC und Mitherausgeber des jetzt veröffentlichten Berichts.
"Es ist völlig unverständlich, warum Entwicklungsbanken wie die DEG weiterhin ein Produktionsmodell aus der Kolonialzeit finanzieren, das große strukturelle Mängel aufweist, konfliktträchtig ist und nicht zu einer breit basierten Entwicklung führt", sagte Roman Herre von FIAN Deutschland. "Die Gemeinden, denen diese Entwicklungsfinanzierung offiziell dienen soll, fordern völlig andere Entwicklungsansätze."
Quelle: www.fian.de