oecd 80Berlin. - Die Entwicklungsleistungen öffentlicher Geber erreichten 2020 vorläufigen Daten der OECD zufolge mit 161,2 Milliarden US-Dollar ein Allzeithoch. Dies entspricht einem realen Anstieg um 3,5 Prozent gegenüber 2019. Ein wichtiger Faktor waren laut OECD zusätzliche Mittel für die Entwicklungsländer zur Bewältigung der Corona-Krise.

Die Hilfen, die die 30 Mitglieder des OECD-Entwicklungshilfeausschusses (DAC) zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie und ihrer Folgen bereitstellten, beliefen sich 2020 ersten Schätzungen zufolge auf 12 Milliarden US-Dollar. Wie aus einer OECD-Erhebung vom April/Mai 2020 hervorgeht, handelte es sich dabei teils um neue Hilfen und teils um Umschichtungen aus bestehenden Entwicklungsprogrammen. Die meisten Geber erklärten, dass sie bereits laufende Programme nicht einstellen werden.

Die gesamten ODA-Mittel entsprechen etwa einem Prozent dessen, was Länder weltweit im vergangenen Jahr für eigene Konjunkturmaßnahmen zur Erholung von der Corona-Krise mobilisiert haben. Derweil bleibt COVAX, die Initiative zur weltweiten Impfstoffverteilung, stark unterfinanziert. Das hob OECD-Generalsekretär Angel Gurría bei der Vorstellung der Daten hervor.

"16 Billionen Dollar haben die Regierungen weltweit für Konjunkturpakete bereitgestellt. Nur ein Prozent dieser Summe wurde mobilisiert, um Entwicklungsländern bei der Bewältigung einer Krise zu helfen, wie es sie zu unseren Lebzeiten noch nicht gegeben hat", sagte Gurría. "Diese Krise stellt den Multilateralismus und das Konzept der Entwicklungszusammenarbeit auf die Probe. Wir sollten uns weit stärker als bisher anstrengen, um die Entwicklungsländer bei der Impfstoffverteilung und der Versorgung ihrer Kliniken zu unterstützen, um die Einkommen und Lebensgrundlagen der Schwächsten zu sichern, und um tatsächlich weltweit für einen Aufschwung zu sorgen."

Zwar stiegen die Entwicklungsleistungen, aber alle anderen wichtigen Einkommensströme der Entwicklungsländer – Handel, Tourismus, ausländische Direktinvestitionen und Rücküberweisungen – gingen infolge der Pandemie zurück. Inländische Ressourcen gerieten zunehmend unter Druck. Die externen privatwirtschaftlichen Finanzierungen in den Entwicklungsländern verringerten sich 2020 um 13 Prozent und die Handelsvolumina brachen um 8,5 Prozent ein.

Der Anstieg der ODA-Mittel in 2020 geht auch auf eine Zunahme bei den Krediten einiger Geber zurück. Von den bilateralen Brutto-ODA-Mitteln wurden 22 Prozent in Form von Krediten und Kapitalbeteiligungen gewährt. In den Vorjahren waren es rund 17 Prozent. Der Rest wurde als Zuschüsse gewährt.

Insgesamt beliefen sich die ODA-Leistungen 2020 auf 0,32 Prozent des kombinierten Bruttonationaleinkommens der DAC-Geberländer. Dies entspricht einem Anstieg gegenüber den 0,30 Prozent in 2019, liegt aber unter dem ODA-Zielwert von 0,7 Prozent des BNE. Der Anstieg ist teils darauf zurückzuführen, dass das BNE in den meisten DAC-Ländern zurückging. Deutschland gehört mit Dänemark, Luxemburg, Norwegen, Schweden und dem Vereinigten Königreich zu einer Gruppe von sechs DAC-Ländern, die den Zielwert von 0,7 Prozent erreicht oder übertroffen haben. In der Gruppe der nicht dem DAC angehörenden Geber, die im ODA-Gesamtwert nicht berücksichtigt werden, hat die Türkei EZ-Leistungen in Höhe von 1,12 Prozent des BNE bereitgestellt.

Die ODA-Mittel stiegen in 16 Ländern. In einigen von ihnen hat man die Mittel erheblich aufgestockt, um Entwicklungsländer bei der Bewältigung der Krise zu unterstützen. Die größten Zuwächse gab es in Deutschland, Finnland, Frankreich, Island, Kanada, Norwegen, Schweden, der Schweiz, der Slowakischen Republik und Ungarn. In 13 Ländern gingen die ODA-Leistungen zurück, insbesondere in Australien, Griechenland, Italien, Korea, Luxemburg, Portugal und im Vereinigten Königreich. Die G7-Staaten stellten 76 Prozent der ODA-Gesamtleistungen; der Anteil der im DAC vertretenen EU-Länder belief sich auf 45 Prozent. Die EU-Institutionen erhöhten ihre ODA-Mittel real um 25,4 Prozent, indem sie Mittel zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie mobilisierten und die öffentlichen Kredite gegenüber 2019 um 136 Prozent steigerten.

Der Fokus der kurzfristigen Unterstützungsmaßnahmen lag der OECD-Erhebung zufolge beim Gesundheitswesen, der humanitären Hilfe und der Ernährungssicherheit. Eigenen Angaben zufolge wollen die ODA-Geber mittelfristig ihren Schwerpunkt darauf richten, bedürftigen Ländern Diagnose-Instrumente und Impfstoffe zur Verfügung zu stellen und ihnen zu helfen, die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie zu bewältigen.

"Zu Pandemiebeginn hatten die DAC-Geber erklärt, sie seien bestrebt, das ODA-Volumen aufrechtzuerhalten. Ich bin dankbar und stolz, dass sie sogar noch mehr getan haben: Sie haben ihre Leistungen aufgestockt, um die Entwicklungsländer bei der Bewältigung der gesundheitlichen und ökonomischen Folgen der COVID-19-Krise zu unterstützen, obwohl die Pandemie auch ihrer eigenen Wirtschaft und Gesellschaft schwer zugesetzt hat", erklärte die DAC-Vorsitzende Susanna Moorehead. "Die nächsten Jahre werden hart sein und wir müssen mit unseren Finanzhilfen mehr leisten als je zuvor. Wenn wir wirklich eine bessere und grünere Zukunft aufbauen wollen, müssen wir uns auf die vulnerabelsten Länder und die vulnerabelsten Gruppen konzentrieren, darunter insbesondere Frauen und Mädchen."

Die bilateralen ODA-Mittel an Afrika und die am wenigsten entwickelten Länder sind laut OECD um 4,1 Prozent bzw. 1,8 Prozent gestiegen. Die Mittel für humanitäre Hilfe stiegen um 6 Prozent. Bei Ausklammerung der Leistungen für die Aufnahme von Geflüchteten in den Geberländern – die gegenüber 2019 um 9,5 Prozent auf 9,0 Milliarden US-Dollar zurückgingen und hauptsächlich Island, Kanada und die Niederlande betrafen – stiegen die ODA-Mittel 2020 real um 4,4 Prozent. Für die am wenigsten entwickelten Länder machen ODA-Mittel mehr als zwei Drittel der externen Finanzmittel aus.

Die ODA-Nettoleistungen sind seit 1960, als sie bei knapp unter 40 Milliarden US-Dollar lagen (in Preisen von 2019), volumenmäßig zumeist konstant gestiegen. Seit der Verabschiedung der Millenniumsentwicklungsziele im Jahr 2000 haben sie sich trotz der Auswirkungen der Krise von 2008 auf die Volkswirtschaften der Geberländer real mehr als verdoppelt (Anstieg um 110 Prozent).

"Deutschland kommt seinen internationalen Verpflichtungen nach und hat 2020 das 0,7-Prozent-Ziel für Entwicklung zum zweiten Mal erreicht", erklärte Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU). "Damit unterstützen wir weltweit die Eindämmung der Pandemie, die Versorgung von Flüchtlingen, insbesondere im Krisenbogen um Syrien und den Kampf gegen den Klimawandel. Jeder Euro kommt direkt den Menschen zu Gute, erzielt ein Vielfaches an Wirkung und schafft Perspektiven, gerade für die jungen Menschen vor Ort. Allerdings droht in den nächsten Jahren ein dramatischer Einbruch: Die vom Finanzministerium vorgelegte Finanzplanung sieht für die kommende Jahre einen Rückgang der Entwicklungsmittel um rund ein Viertel vor. Die weltweiten Folgen der Pandemie können wir so nicht bewältigen."

Quelle: www.oecd.org 


Back to Top

Wir nutzen ausschließlich technisch notwendige Cookies auf unserer Website.