Göttingen/Berlin (epo). - Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der äthiopischen Regierung am Mittwoch vorgeworfen, nach den heimischen Medien nun auch noch die letzten unabhängigen ausländischen Medien mundtot machen zu wollen. Das äthiopische Außenministerium hatte zuvor angekündigt, dem Deutschen Bundestag in den nächsten Tagen Protestresolutionen gegen die vermeintlich "unausgewogene und destruktive" Berichterstattung der "Deutschen Welle" zu übergeben.
"Die umfassende Berichterstattung der 'Deutschen Welle' über das politische Tagesgeschehen und Menschenrechtsverletzungen ist für die äthiopische Bevölkerung angesichts der staatlichen Zensur außerordentlich wertvoll", erklärte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Nur so könnten sich die Bürger Äthiopiens ein eigenes Bild von der Lage in ihrem Land machen. Nur in China, Kuba und Eritrea werde die Pressefreiheit noch mehr mit Füßen getreten.
Es sei der "Deutschen Welle" und dem ebenfalls massiv kritisierten Radiosender "Stimme Amerikas" zu verdanken, dass es in Äthiopien immer weniger "Täler der Ahnungslosen" gebe, sagte Delius. Dies belege auch die wachsende Zuhörerschaft des deutschen Auslandssenders in ländlichen Gebieten. Erst kürzlich hätten daher Oromo an den Sender appelliert, auch ein Programm in ihrer Sprache auszustrahlen.
Mindestens 21 Journalisten seien zur Zeit in Äthiopien inhaftiert, unter ihnen auch mehrere Angehörige der unterdrückten Bevölkerungsgruppe der Oromo, kritisierte die GfbV. Immer mehr Journalisten müssten aufgrund der Repression das Land verlassen. So seien im Jahr 2004 allein zwölf Oromo-Journalisten ins Ausland geflohen, weil sie wegen ihrer kritischen Berichterstattung von Sicherheitskräften verfolgt worden seien.
Nach der blutigen Niederschlagung von Protesten gegen die manipulierten Parlamentswahlen im Mai 2005 habe die Repression gegen unabhängige Medien nun einen neuen Höhepunkt erreicht, erklärte die GfbV. So stünden 14 Journalisten wegen "Hochverrats" und "Anstiftung zum Völkermord" gemeinsam mit 100 mutmaßlichen Anhängern der Oppositionsbewegung vor Gericht. Mehr als zehn Zeitungen hätten aufgrund des Drucks der Behörden seit November 2005 ihr Erscheinen einstellen müssen.
Auch im Internet werde der freie Meinungsaustausch immer mehr unterdrückt, moniert die GfbV. So seien in dieser Woche mindestens 23 von 32 kritischen äthiopischen Internet-Tagebüchern (Blogger) für äthiopische Internet-Nutzer gesperrt worden. Nur aus dem Ausland sei noch ein Zugriff auf sie möglich.