Berlin. - 200 Tage nach dem Ausbruch der brutalen Kämpfe ist der Konflikt im Sudan zu einer Regionalkrise ausgewachsen. Die humanitäre Not sei dramatisch. Die Sudan-Landesvertreterinnen und Vertreter von UNHCR, UNICEF und WFP forderten bei einem Besuch in Berlin höhere internationale Aufmerksamkeit für die komplexe Krise. Die eskalierende Gewalt mache humanitäre Hilfe in vielen Landesteilen unmöglich. Zwar haben die Vereinten Nationen Zugang zu "14 von 18 Provinzen, aber wegen der Sicherheitslage bleiben West-Darfur, Khartum und Nord-Kurdufan für Helfer unerreichbar". Ohne Zugang könne die geplante Nahrungsmittelhilfe für 6,3 Millionen Menschen trotz steigender Not nicht umgesetzt werden.

"Nach Monaten der Gewalt steht das humanitäre System im Sudan vor einem Kollaps. Zwar konnte WFP in den vergangenen Monaten knapp 1,5 Millionen Menschen mit lebensrettender Ernährungshilfe erreichen, doch das ist angesichts explodierender Not nicht genug. Entweder wir weiten die humanitäre Hilfe drastisch, indem wir humanitären Zugang und die Mittel bekommen, um im ganzen Land helfen zu können oder noch mehr Menschen fallen ins Bodenlose. Das könnte die gesamte Region weiter destabilisieren", sagte Eddie Rowe, Landesdirektor des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP).

Klimaextreme, wie sie im Sudan häufig vorkommen, verschärfen ressourcenbedingte Konflikte und politische Instabilität. Bereits vor dem aktuellen Konflikt waren 4,5 Millionen Sudanesinnen und Sudanesen innerhalb des Landes und in die Nachbarländer geflohen, um wiederholten Gewaltausbrüchen zu entkommen. Gleichzeitig hatte das Land über die Jahre mehr als eine Million Flüchtlinge aufgenommen – die zweithöchste Flüchtlingszahl in Afrika, beklagen die UN-Organisationen.

"Allein durch die Gewalt in den letzten sechs Monaten haben sechs Millionen Menschen ihre Heimat verloren. Das sind durchschnittlich eine Million Menschen pro Monat. Täglich kommen Tausende hinzu. Mehr als 1,1 Millionen Flüchtlinge wurden von Nachbarländern, wie dem Tschad, Ägypten oder dem Südsudan aufgenommen, die selbst nur über extrem begrenzte Ressourcen verfügen. Auch sie kämpfen mit Armut, Unsicherheit und verheerenden Klimafolgen. Ihre Aufnahmebereitschaft ist keine Selbstverständlichkeit. Ohne weitere internationale Unterstützung für die unschuldigen Opfer dieses brutalen Konflikts, riskieren wir eine wachsende Instabilität in der gesamten Region", sagte Fatima Mohammed Cole, Repräsentantin des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR).

Den Menschen im Sudan und insbesondere denjenigen, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden, fehle es oft an dem Allernötigsten. Nahrungsmittel, Wasser, Unterkünfte, medizinische Versorgung und grundlegende Dinge wie Decken, Kochutensilien und Seife würden dringend benötigt. Eine weitere Priorität sei die psychosoziale Unterstützung von Eltern und Kindern, die entsetzliche Gewalt gesehen oder erlebt haben, sowie die Bekämpfung von Krankheitsausbrüchen und der hohen Unterernährung. Kinder seien nach wie vor am stärksten von der Gewalt betroffen. Drei Millionen Kinder wurden aufgrund der allgegenwärtigen Gewalt vertrieben. Etwa 14 Millionen Kinder im Sudan benötigen dringend lebensrettende humanitäre Hilfe. Viele von ihnen leben in ständiger Angst getötet, verletzt, rekrutiert oder von bewaffneten Gruppen benutzt zu werden.

"Die Situation im Sudan entwickelt sich zu einer der schlimmsten Bildungskrisen der Welt: 19 Millionen Kinder besuchen seit Ausbruch der Krise nicht mehr den Unterricht. Die Zukunft einer ganzen Generation steht auf dem Spiel. Berichte über sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche häufen sich. Nachdem sich die Kämpfe in den letzten Wochen an mehreren Orten ausgeweitet haben, ist eine Zunahme der Kinderrechtsverletzungen zu befürchten. Bislang wurden UNICEF mehr als 3.100 schwere Verstöße gemeldet, darunter auch die Tötung und Verstümmelung von Kindern", sagt Mandeep O’Brien UNICEF-Repräsentantin im Sudan.

Aufgrund von Finanzierungsengpässen sei es nach wie vor schwierig, auf die Nöte der Menschen im Sudan und in den Nachbarländern einzugehen. Der Hilfsplan der Vereinten Nationen für den Sudan, der 17 Millionen Menschen innerhalb des Landes erreichen soll, ist nur zu einem Drittel finanziert. Der regionale Hilfsplan in Höhe von einer Milliarde US-Dollar für 1,8 Millionen Menschen im Tschad, in der Zentralafrikanischen Republik, in Ägypten, Äthiopien und im Südsudan ist nur zu 39 Prozent finanziert.

Die UN-Organisationen appellieren dringend an die internationale Gemeinschaft, die Ausweitung des Hungers, weitere Vertreibungen und massive Kinderrechtsverletzungen zu verhindern. Das Leiden von Millionen von Kindern, Jugendlichen und Familien im Sudan dürfe nicht zu einer weiteren vergessenen humanitären Katastrophe werden.

Quelle: www.unhcr.orgwww.wfp.orgwww.unicef.org


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