Nach wie vor säßen mehr als 550 Gefangene im "rechtlichen Niemandsland" von Guantánamo ein, heisst es in einem Brief an Bundeskanzler Gerhard Schröder anlässlich des bevorstehenden Deutschland-Besuchs des US-Präsidenten. ai wirft den USA vor, die Menschenrechte im Namen ihres 'Kriegs gegen den Terror' ungebrochen zu verletzen. Die anhaltende internationale Kritik und selbst Niederlagen vor US-Gerichten habe die US-Regierung bislang weitgehend ignoriert.
Die zahlreichen Vorwürfe, in US-Militärbasen wie Guantánamo, Bagram oder Diego Garcia werde gefoltert, wie auch die skandalösen Folterfälle im Bagdader Abu-Ghraib-Gefängnis seien bisher nicht unabhängig untersucht worden, so ai. Gleiches gelte für Entführungen von Verdächtigen und die geheimen Verlegungen von Gefangenen. Hierzulande ist zuletzt der Fall des Deutschen libanesischer Herkunft Khaled el Masri bekannt geworden, der angeblich vom US-Geheimdienst in Mazedonien verschleppt worden war.
ai hat den Bundeskanzler aufgefordert, sich bei Bush für eine menschenrechtsgemäße Behandlung der Inhaftierten in Guantánamo einzusetzen: Unabhängige Gerichte müssten unverzüglich über deren Status entscheiden. Die Gefangenen müssten angeklagt oder sofort freigelassen werden. Unschuldig Inhaftierte müssten angemessen entschädigt werden.
Im Falle des Bremer Murat Kurnaz soll der Bundeskanzler darauf dringen, dass Anwalt Bernhard Docke seinen Mandanten endlich besuchen darf. Die US-Behörden müssten erklären, welcher Vergehen sie Kurnaz verdächtigen und entweder ein faires Verfahren gegen ihn eröffnen oder ihn sofort freilassen.
An alle Staats- und Regierungschefs der EU hat ai appelliert, das bisherige "schmerzliche Schweigen" zu Guantánamo und den Foltervorwürfen zu brechen. Sie Bush bei seinem Besuch in Brüssel an das absolute Folterverbot erinnern.