Worldwatch Report 2007Berlin (epo.de). - Städtische Metropolen sind der Schlüssel zum Weg aus der Klimakatastrophe. Ob die verheerendsten Folgen der drohenden Klimakatastrophe und des globalen Wandels abgewendet werden können, hänge vor allem von der Entwicklung in den wachsenden urbanen Ballungsräumen der Welt ab, heißt es im "Bericht zur Lage der Welt 2007" des Washingtoner Worldwatch-Institutes. Die deutsche Ausgabe des Berichts wurde am Donnerstag in Berlin von Germanwatch und der Heinrich-Böll-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann und dem Freiburger Oberbürgermeister Dieter Salomon vorgestellt.

Der "Bericht zur Lage der Welt 2007" analysiert den globalen Trend zur Urbanisierung und dessen Auswirkungen auf Umwelt, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Er präsentiert in einzelnen Fallbeispielen aus allen Kontinenten lokale Lösungsansätze für globale Herausforderungen wie Klimawandel, Energiepolitik oder Armutsbekämpfung.

Bei der Vorstellung des Berichts sagte Bärbel Dieckmann, Bonner Oberbürgermeisterin und Vorsitzende des Weltbürgermeisterrates zum Klimawandel sowie Exekutivpräsidentin des Rates der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE): "In den nächsten zehn bis 15 Jahren entscheidet sich, ob wir die schlimmsten Auswirkungen noch verhindern können. Städte - und ganz besonders die wachsenden Megacities des Südens - werden von diesen Folgen am stärksten betroffen sein."

Die Megastädte hätten aber auch ein einmaliges Potenzial, die Probleme anzugehen und zu lösen, so Dieckmann. Angesichts eines globalen Prozesses, der Leidenschaft, viel Geduld und Beharrlichkeit erfordere, liege die Kraft der Städte in ihrer Beweglichkeit. "'Local action, global interaction' ist die Formel: Maßnahmen vor Ort, internationaler Erfahrungsaustausch und politischer Einfluß auf die globale Politik."

"Experten sprechen seit neuestem von einem 'Millennium der Städte'", sagte Dieter Salomon, Oberbürgermeister der Stadt Freiburg. "Niemals zuvor hat sich die Welt so sehr verändert wie durch die Verstädterung der letzten 200 Jahre und die individuelle Mobilität durch das Auto in den letzten 100 Jahren. Je größer die Städte werden und je mehr Menschen weltweit in ihnen leben, desto größer werden auch die globalen Belastungen, die von ihnen ausgehen: Klimaveränderungen, Verkehrsinfarkt, Flächenverbrauch, der Umgang mit Wasser, soziale Verschiebungen in der Bevölkerung. Das bedeutet: Die Verantwortung der Städte für globale Entwicklungen wird immer größer."

Wenn die Städte die Wende zur Nachhaltigkeit nicht schafften, dann schaffe es niemand, erklärte Salomon. Klimaschutz stehe an erster Stelle der Agenda. Hier müssten die Städte mit eigenen, auf die jeweiligen lokalen Verhältnisse abgestimmten Konzepten voran gehen. So habe sich Freiburg verpflichtet, den Anteil regenerativer Energien bis 2010 auf 10 Prozent zu erhöhen, die CO2-Emissionen zu senken, die Niedrigenergiebauweise über die gesetzlichen Standards hinaus zu fördern, den Individualverkehr auf den Status Quo zu begrenzen sowie umweltfreundliche Verkehrsarten wie den ÖPNV oder den Radverkehr zu fördern und schließlich Stadtentwicklung vorrangig als 'Innenentwicklung' mit geringst möglichem Flächenverbrauch zu konzipieren.

Für die Heinrich-Böll-Stiftung sagte deren Vorstand Ralf Fücks bei der Vorstellung des Berichts: "Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit wohnt bereits jetzt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in urbanen Ballungsräumen. Trotz verbreiteter Armut und Kriminalität und trotz aller Umweltbelastungen üben Städte eine ungebrochene Anziehungskraft aus: als Motor der Wirtschaft und Wiege der Demokratie, als sozialer Schmelztiegel und Bühne des geistigen und kulturellen Lebens. Angesichts schrumpfender fossiler Ressourcen und einer stetig wachsenden Menschheit bieten die Städte mit ihrer Besiedlungsdichte zudem die einzige Möglichkeit, nachhaltige Verkehrs- und Flächenkonzepte zu realisieren. Die städtebaulich schon immer nachteilige Ausbreitung der Vorstädte, das Auswuchern reiner Schlafsiedlungen und Gewerbegebiete auf der grünen Wiese, ist unter den Vorzeichen des Klimawandels nicht mehr haltbar."

"Weltweit gibt es mehr als 500.000 Kommunen. Sie bedecken zwar nur zwei Prozent der Erdoberfläche, verbrauchen aber mehr als 80 Prozent aller Ressourcen", unterstrich Gunther Hilliges, Mitautor der deutschen Ausgabe und langjähriges Vorstandsmitglied von Germanwatch. Kommunen seien das einzige globale Netzwerk, das sich die Menschen geschaffen haben und ohne das nachhaltige Entwicklung unerreichbar bleibe. Ihre Einbeziehung in den Globalisierungsprozess müsse durch die Staaten systematisch gefördert werden.

Die ungebremste Tendenz zur Urbanisierung sei Bedrohung und Chance zugleich, so der Bericht, den Molly O'Meara Sheehan für das Washingtoner Worldwatch Institute vorstellte. So hätten mittlerweile zahlreiche Großstädte weltweit die Folgen des Klimawandels auf ihre politische Agenda gesetzt, da sie selbst direkt von den Auswirkungen bedroht seien. Von den 33 Städten mit projektierten acht Millionen Bewohnern im Jahr 2015 seien 21 aufgrund ihrer Küstenlage von einem Anstieg des Meeresspiegels infolge des Klimawandels bedroht.

Der aktuelle Bericht des Worldwatch Institutes befasst sich mit lokalen Lösungsansätzen für globale umwelt- und sozialpolitische Herausforderungen und skizziert Strategien für kommunale Entscheidungsträger: In mehreren Kapiteln werden zu unterschiedlichen Herausforderungen wie Wasserversorgung, Transport, Energie und Klima oder lokaler Wirtschafspolitik konkrete Beispiele für gelungene Stadtentwicklung aus so unterschiedlichen Städten wie Timbuktu, Lagos, Melbourne, Freetown, Rhizao oder Brno vorgestellt.

Die deutsche Ausgabe von "State of the World 2007. Our Urban Future" des Worldwatch Institutes unter Mitherausgeberschaft von Germanwatch und der Heinrich-Böll-Stiftung ist unter dem Titel "Zur Lage der Welt 2007. Der Planet der Städte" im Verlag Westfälisches Dampfboot erschienen, mit Vorworten von Anna Tibaijuka und Jaime Lerner sowie Sonderbeiträgen in der deutschen Ausgabe von Gerhard Matzig, Gunther Hilliges und Ulrich Nitschke.

Verlag Westfälisches Dampfboot, 1. Auflage, Münster 2007, zahlreiche Tabellen und Abbildungen, 336 Seiten, Preis: EUR 19,90, ISBN 978-3-89691-653-2

www.worldwatch.org
www.germanwatch.org
www.boell.de


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