Berlin (epo). - Das Seebeben in Asien hat weltweit eine überwältigende Hilfsbereitschaft ausgelöst. Wichtige Lehren ergeben sich allerdings bereits aus den Reaktionen auf die Katastrophe. Dies erklärte die internationale Hilfsorganisation Oxfam in einem neuen Bericht, der heute - einen Monat nach der Katastrophe - veröffentlicht wurde.
Der Bericht "Learning the lessons of the Tsunami: one month on" resümiert Oxfams Aktivitäten bezüglich des Tsunami und stellt die überwältigende Reaktion seitens der Regierungen, internationaler Hilfsorganisationen, der Vereinten Nationen, lokaler Nichtregierungsorganisationen und der Weltöffentlichkeit dar. Dank der Hilfsanstrengungen hätten unzählige Menschenleben gerettet werden können, und einen Monat nach dem Seebeben arbeiteten viele Gemeinschaften bereits am Wiederaufbau, so Oxfam.
Allein Oxfam habe für mehr als 300.000 Menschen im gesamten Katastrophengebiet Hilfe geleistet, heisst es in dem Bericht. In Indien habe Oxfam bis jetzt über 17.000 Hygienepäckchen verteilt und für mehr als 20.000 Menschen in Flüchtlingslagern Trinkwasser bereitgestellt und Latrinen gebaut. Für rund 1.000 obdachlos gewordene Familien seien Notunterkünfte errichtet worden.
Laut dem Bericht stellt die Krise die internationale Gemeinschaft trotz der umfangreich geleisteten Hilfe weiterhin vor eine riesige Herausforderung. Insbesondere diejenigen, die die Hilfsaktion insgesamt koordinieren, müssten sicherstellen, dass alle in der Region tätigen Hilfsorganisationen den Ansprüchen an ihre Aufgaben genügen, so der Bericht.
Die hohe Summe an Spendengeldern habe in einigen Fällen zur Folge gehabt, dass "zu viele Organisationen ohne die nötige Erfahrung, Kompetenz und Expertise im Einsatz sind", kritisiert Oxfam. In einigen Teilen im Süden Indiens stelle die Koordinierung der Hilfsorganisationen ein großes Problem dar. Andere lokale Regierungen hingegen koordinierten die Hilfsleistungen sehr effektiv. Die nationalen Regierungen müssten mit Unterstützung der UN umgehend Verfahren einrichten, nach denen internationale Hilfsorganisationen zugelassen werden und gewährleistet wird, dass die von ihnen übernommenen Aufgaben ihren jeweiligen Erfahrungen entsprechen, fordert die Organisation.
Die Hilfsorganisationen werden dringend aufgefordert, die Gemeinschaften, die sie unterstützen möchten, stärker in die Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Unzureichende Beratung habe dazu geführt, dass ein Teil der gelieferten Hilfsgüter in einigen Fällen nicht den unmittelbaren Bedürfnissen der Betroffenen entsprach. In Sri Lanka würden einige Unterkünfte ohne Einbeziehung des lokalen Sachverstands gebaut und entsprächen daher nicht den vorhandenen Bedürfnissen. Die Geber sowie diejenigen, die die Hilfe koordinieren, müssten sicherstellen, dass alle Hilfsorganisationen sich an den international anerkannten 'SPHERE'-Standards für die Nothilfe orientieren.
"Seit einem Monat reagiert die Welt mit einer beispiellosen Hilfsanstrengung auf das Seebeben. Auch Oxfam startete eine globale Hilfsaktion und unterstützt mittlerweile über 300.000 Menschen. Diese Arbeit hat zweifellos viele Menschenleben gerettet, jedoch gibt es auch zahlreiche Fragen, die nicht ignoriert werden dürfen. Der Umfang der zur Verfügung gestellten Mittel bedeutet für Regierungen und Hilfsorganisationen, dass sie auch auf die Qualität der Hilfe achten müssen, nicht nur auf die Quantität", so Paul Bendix, Geschäftsführer von Oxfam Deutschland.
Der Bericht fordert außerdem die Regierungen dringend dazu auf, ihre Zusagen in konkrete Hilfe umzusetzen. Sie müssten auch die übergreifenden Probleme, unter denen die Region seit Jahren leide, aufgreifen. Die überwiegende Mehrzahl der Flutopfer habe bereits vor der Naturkatastrophe unter extrem schwierigen Bedingungen gelebt. Bisher hätten die Regierungen die zugrunde liegende soziale Ungleichheit nicht ernsthaft zu lösen versucht.
"Themen wie Konfliktlösung, Schuldenerlass und gerechter Handel sind von der internationalen Gemeinschaft noch nicht in angemessener Form behandelt worden. Wenn dies nicht geschieht, werden sich die Flutopfer nie aus der Armut befreien können", so Paul Bendix.