IPSJaunde IPS(/epo). - Der Export von Tropenholz ist für Kamerun eine wichtige Einnahmenquelle. Es stammt aus den Regenwäldern im Süden und Westen des zentralafrikanischen Landes, dem Lebensraum der Baka-Pygmäen. Das kleine Nomadenvolk von Jägern und Sammlern lebte tausende Jahre abgeschieden im Schutz der Wälder. Doch Holzfäller und andere Explorateure gefährden die traditionelle Lebensweise der Ethnie.

Von Sylvestre Tetchiada (IPS)

Die Umgebung von Lomi?, 380 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Jaunde, ist das Zentrum des Holzabbaus. Hier liefert ein nahezu ununterbrochener Zug von Lkw die schweren Holzstämme an. Lomi? scheint am Ende der Welt zu liegen. Die einzige Straßenverbindung besteht aus einer holprigen Piste. Eine Telefonverbindung nach draußen gibt es nicht. Die Bevölkerung besteht überwiegend aus Bantu. Die meisten der etwa 40.000 Baka-Pygmäen, die Ureinwohner der Wälder, leben verstreut im und vom Wald.

"Die meisten sind noch immer Jäger und Sammler. Der Wald ist ihr traditioneller Lebensraum. Hier fühlen sie sich sicher, hier haben sie ihre Wurzeln und ihre Rechte", erklärt die Aktivistin Cl?metine Assiga Ndongo in einem Gespräch mit IPS. Sie arbeitet für das Zentrum für Umwelt und Entwicklung (CED), eine in Jaunde ansässige Nichtregierungsorganisation (NGO).

Die traditionelle Lebensweise der Baka-Pygmäen hat mit der modernen Entwicklung nicht Schritt gehalten. Weil sie ständig umherziehen, werden ihre Gebiete nur selten administrativ erfasst. "Auf den Landkarten existieren sie praktisch nicht", betont Ndongo.

Dank ihrer geographischen und sozialen Abgeschiedenheit hat die Gemeinschaft der indigenen Waldmenschen ihre Kultur bis heute bewahren können, während sich die Welt außerhalb der Wälder rasch und radikal verändert.

Nur die Wälder bieten Sicherheit

"Wenn die Baka die Sicherheit ihrer Wälder und ihrer Gemeinschaft verlassen und sich in die benachbarten Dörfer oder an die Straße wagen, riskieren sie, von den örtlichen Behörden und der Regierung über den Tisch gezogen, verspottet und ungerecht behandelt zu werden", erläutert der Anthropologe S?verin Cecil Ab?ga. Er ist Dozent an der Universität von Jaunde. "Deshalb ziehen es viele Baka-, Bagyeli- und Bakola-Pygmäen vor, im Wald zu bleiben und sich nicht am Dorfleben zu beteiligen."

In der Abgeschiedenheit ihrer Wälder bleiben die meisten Pygmäen aber auch von der Gesundheitsversorgung und dem Bildungsangebot ausgeschlossen. Kaum einer ihnen spricht und liest Französisch, die offizielle Sprache Zentralafrikas. Nur wenige schicken ihre Kinder zur Schule. Sie fürchten die Diskriminierung durch die Bantu. Amtliche Zahlen über Pygmäenkinder, die eine Schule besuchen, gibt es nicht.

Außer in Kamerun leben Pygmäenvölker auch in verschiedenen anderen zentralafrikanischen Ländern, in Kongo-Brazzaville, Zentralafrika, der Demokratischen Republik Kongo, in Gabun, Ruanda, Burundi und Uganda.

Amtlich nicht existent

"Erst seit kurzem bemühen sich die Regierung und NGOs um die amtliche Registrierung der Waldmenschen. Bislang hatten nur wenige Pygmäen Personalausweise. Sie wurden weder bei Volkszählungen berücksichtigt noch in Wahllisten geführt", erinnert sich Calvin Oyono. Er arbeitet in der Verwaltungsbehörde in Lomi?. "Deshalb hatten sie auch keine Möglichkeit, sich zu wehren, wenn man ihnen ihre angestammten Rechte streitig machen will. So bleibt der Wald für sie ein wichtiges Refugium", betont der Beamte im Gespräch mit IPS.

Fremde, denen die Pygmäen offen entgegentreten, nutzen häufig die Unwissenheit der Waldbewohner aus, wie Emmanuel Missolo, ein Pygmäe, der als Berater für das CED arbeitet, beklagt. Manchen geht es darum, ihnen lukrative Informationen über Fauna und Flora zu entlocken oder ihnen ihre Ressourcen wie Felle, Wild und Holz wegzunehmen.

Tropenholz ist nach Erdöl Kameruns zweitwichtigstes Exportgut und macht zehn Prozent seines Bruttoinlandsproduktes aus. In ihrem Konjunkturbericht 2004 bezifferte die Bank von Kamerun das Volumen der Holzexporte auf umgerechnet 16,3 Milliarden US-Dollar.

Weil sie sich vor Repressalien der Bevölkerungsmehrheit der Bantu fürchten, beschweren sich die Pygmäen nie bei den Behörden, sondern allenfalls bei den NGOs oder gelegentlich auf ihrem Jahresfest 'Libandi', das vom CED im Dezember für sie organisiert wird.

Beim Naturschutz übersehen

Vor den Auswirkungen des neuen, seit 1994 in Kamerun geltenden Waldgesetzes können traditionelle Rechte die Pygmäen nicht schützen. "Die Geber haben in den Erhalt alter Naturparks und in die Ausweisung der neuen Naturschutzgebiete Campo Ma'an, Boumba-Bek, Lobek? im Süden Kameruns investiert. Es sind Regionen, die die Pygmäen traditionell als ihre Lebensräume und Jagdreviere betrachten", berichtet F?lix Sagne, ein Forstwirt, der in dem für Wälder und Tierwelt zuständigen Ministerium arbeitet. "Weil die Pygmäengemeinden nicht in den Karten verzeichnet sind, hat man ihnen durch Vorschriften zum Schutz gefährdeter Pflanzen und Tiere ihr Recht auf ein ungestörtes Leben im Wald genommen", erklärt der Waldexperte.

"Tatsächlich sind die Pygmäen heute Fremde in ihren Wäldern", klagt die Aktivistin Judith Atangana. Sie ist Mitglied der in Jaunde ansässigen Nichtregierungsorganisation 'Planet Survey Cameroon'. "Überdies zahlt man ihnen, anders als anderen Gemeinschaften, keine Waldpacht", fügt sie hinzu.

Es gibt jedoch eine Reihe von international anerkannten Empfehlungen, die indigene Völker dem besonderen Schutz der Staaten anvertrauen. Die 5. Konferenz über die Ökosysteme der zentralafrikanischen Ur- und Regenwälder, die im Mai 2004 in Jaunde stattfand, der 2001 von der Weltkonferenz gegen Rassismus in Durban verabschiedete Aktionsplan mit seinen Empfehlungen sowie der 5. Weltkongress des Internationalen Naturschutzbunds IUCN über Naturparks und Naturschutzgebiete hatten sie zuletzt formuliert.

"Zurzeit machen Naturschützer und Geber den Pygmäen das Leben schwer", kritisiert der Anthropologe Ab?ga. " Sie betrachten Kameruns Wälder als eine einzige weite Landschaft. Dadurch werden die Probleme der hier lebenden indigenen Gemeinschaften, die schon jetzt nicht mehr isoliert leben können, noch vergrößert."

Von den seit 1995 in Kamerun eingerichteten neuen Naturparks sind die Pygmäenvölker der Baka, Bagando, Bakwele, Knombemebe, Vonvo, Zime, Dabjui, Bagyeli und Bakola betroffen sowie die Mbendjele Yaka, die zwischen dem Norden von Kongo-Brazzaville und dem südöstlichen Kamerun umherziehen.

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