Beate JesselBonn (epo.de). - Ein effektiver Klimaschutz ist nach Ansicht der Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz  (BfN),  Beate Jessel, nur gemeinsam mit einem erfolgreichen Naturschutz möglich. "Ohne jeden Zweifel kann und muss eine weltweite nachhaltige Landnutzung einen Beitrag zur Reduzierung der Treibhausgase leisten", erklärte sie am Freitag vor dem Hintergrund der laufenden EU-Verhandlungen in Brüssel und der Klimakonferenz im polnischen Poznan (epo berichtete).

Insbesondere zu nennen sind ihrer Ansicht nach: "ein Waldmanagement, das die Potentiale einer langfristigen CO2-Speicherung ausschöpft und Aufbau und Schutz von Naturwäldern fördert, ein konsequenter Moor- und Feuchtgebietsschutz sowie eine Landwirtschaft, bei der Erosion und Humusabbau vorgebeugt wird und der Boden ebenfalls seine Senkenfunktion wahrnehmen kann." Eine wesentliche Rolle spiele auch die Vermeidung von Landnutzungsänderungen, "die den Ausstoß von Treibhausgasen befördern, wie dies etwa bei der Umwandlung von Grünland zu Acker der Fall ist", erläuterte Beate Jessel anlässlich einer Pressekonferenz in Bonn.

Gleichzeitig brauche auch die Natur einen wirksamen Klimaschutz, der die eintretenden Klimaänderungen und damit die zu erwartenden Auswirkungen auf Tier- und Pflanzenarten auf ein möglichst niedriges Niveau beschränke, so die BfN-Präsidentin. Selbst bei moderater Klimaänderung (ca. +2,2 °C bis 2080) würden sich für sehr viele Tier- und Pflanzenarten die Gebiete mit klimatisch geeigneten Bedingungen erheblich verschieben. Der Rückgang eines Teils der aktuell in Deutschland vorkommenden Arten und die Verbesserung der Bedingungen für andere Arten würden lokal zu deutlichen Veränderungen der  Artenzusammensetzung führen. "Ein Management dieser Prozesse ist dringend erforderlich", sagte die BfN-Präsidentin.

Notwendig sei neben der Erhaltung hinreichend großer Schutzgebiete als Rückzugsräume eine nachhaltige und naturschutzgerechte Landnutzung in der Fläche, um Tier- und Pflanzenarten die Anpassung oder ein Ausweichen vor den Folgen des Klimawandels zu ermöglichen. Große, intakte Populationen hätten die besten Aussichten, sich anzupassen und zu überleben. "Die Folgen des Klimawandels machen nicht an Landes- oder Verwaltungsgrenzen halt. Für eine erfolgreiche Anpassung unserer Pflanzen und Tiere sind die bestehenden Schutzgebiete wie unsere Großschutzgebiete oder das Netz Natura 2000, ein grenzüberschreitender Biotopverbund sowie eine generelle Durchlässigkeit der Landschaft für Ausbreitungsbewegungen der Arten unabdingbare Voraussetzungen. Zu nennen ist weiterhin ein optimiertes Fließgewässermanagement, das die Auen als Verbundkorridore mit einschließt.", so die BfN-Präsidentin weiter.

Zur Finanzierung der klimarelevanten Naturschutzmaßnahmen müssen nach Ansicht des BfN verschiedene nationale wie internationale Instrumente und Finanztöpfe herangezogen werden: Notwendig sei eine deutliche weitere Aufstockung der zweiten Säule der EU-Agrarpolitik, aus der gezielt Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen gerade auch mit Blick auf den Klimaschutz gefördert werden können. "In dieser Hinsicht bleiben aber leider die kürzlich auf EU-Ebene im Rahmen des sog. Health Check in der Agrarpolitik erzielten Ergebnisse hinter den Erfordernissen zurück", so die BfN-Präsidentin.

Zu fordern sei weiterhin die Verwendung von Geldern aus dem Emissionshandel für zielgerichtete Naturschutzmaßnahmen zur Erhaltung von natürlichen CO2-Speichern. "Gewaltige Mengen Kohlenstoff sind in natürlichen Ökosystemen (z.B. Wälder und Moore) gespeichert. Jährlich werden global davon durch Nutzung und Umwandlung soviel freigesetzt, dass sie 20 Prozent der durch den Menschen verursachten Treibhausgasemissionen entsprechen. Ein effizienter Klimaschutz erfordert zwingend, den Schutz und die Entwicklung dieser so klimarelevanten Naturbestandteile durch einen gezielten Einsatz von Mitteln aus dem Emissionshandel zu gewährleisten", sagte Beate Jessel.

Neben Lebensräumen auf den Landflächen spielten auch die Küsten und Meere eine wichtige Rolle im globalen Kohlenstoffhaushalt, so Jessel weiter. Sie könnten aber auch besonders empfindlich auf die zu erwartenden Veränderungen reagieren. Dazu gehören der Temperaturanstieg des Oberflächenwassers, die Versauerung, die Erhöhung des Meeresspiegels sowie die erhöhte Sturmhäufigkeit und -stärke. Tendenzen zu einer Änderung der Artenvielfalt, insbesondere aufgrund der Erwärmung von Nord- und Ostsee ließen  sich bereits erkennen. Insgesamt seien gravierende Veränderungen der Ökosysteme durch Erwärmung und Übersauerung zu erwarten. "Wir brauchen dringend ein globales Netzwerk von Meeresschutzgebieten, die als Schutzraum für gefährdete marine Arten und Lebensräume dienen", forderte Jessel.

Denn Meeresschutzgebiete, in denen menschliche Eingriffe ökosystemverträglich reguliert werden und die nutzungsfreie Zonen einschließen, trügen zu einer erhöhten Pufferkapazität und damit Widerstandsfähigkeit der marinen Ökosysteme gegenüber dem Klimawandel bei. Doch bis zum Erreichen des "Guten Zustands der Meere", wie ihn die europäische Meeresstrategierahmenrichtlinie bis 2020 vorschreibt, seien vor allem im Bereich des Schutzes der küstenfernen Meeresbiotope angesichts der zahlreichen bestehenden und geplanten menschlichen Nutzungen, wie beispielsweise der Fischerei, der Schifffahrt und der Rohstoffförderung noch sehr viele Herausforderungen zu lösen und Nutzungsansprüche auf ein ökosystemverträgliches Maß zurückzuführen. Insbesondere müsse eine nachhaltige Fischerei entwickelt werden, die eine Überfischung der Meere verhindert und die nicht befischten Arten sowie den Meeresboden schont.

"Zur Lösung vieler der angesprochenen Probleme sind wir in Deutschland mit der ehrgeizigen nationalen Strategie der Bundesregierung zur biologischen Vielfalt sehr gut aufgestellt. Jetzt ist eine konsequente Umsetzung erforderlich, um auch dem Klimawandel erfolgreich begegnen zu können", sagte BfN-Präsidentin Beate Jessel.

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Foto: BfN-Präsidentin Beate Jessel, Quelle: Bundesamt für Naturschutz


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