Klimakonferenz in Poznan. Foto: epo.de/kb

Poznan/Berlin (epo.de). - Die Ergebnisse der Klimakonferenz in Poznan sind in der Sache noch reparabel, in ihrer Signalwirkung eine Katastrophe. Die Verursacher der Klimaerwärung in den "entwickelten" Ländern haben selbst auf dringliche Appelle der vom Klimawandel am stärksten betroffenen Nationen nicht reagiert und die nötigen Entscheidungen verschoben. Staatliche wie nichtstaatliche Delegierte aus den Entwicklungsländern haben denn auch im polnischen Konferenzort Poznan deutlich wie selten zuvor ihrem Unmut Luft gemacht.

Der Umweltminister der Malediven, die bereits auf der Suche nach einer neuen Heimat sind, weil die eigene im Zuge des Anstiegs der Meeresspiegel unterzugehen droht, zeigt sich erschüttert vom Verlauf der Konferenz. "Wir sind wirklich enttäuscht von den Fortschritten, die wir hier in Poznan sehen", gibt Amjad Abdulla zu Protokoll. Die höchste Erhebung seines Landes misst einen Meter über dem Meeresspiegel. "We are drowning, and there is this huge gap in commitment."

"Unser Schicksal liegt in Ihren Händen", konstatiert der Ministerpräsident von Tuvalu, Apisai Ielemia. An die Adresse der schnell wachsenden Schwellenländer wie China und Indien gerichtet, sagt er: "Wir können nicht versinken, während andere aufsteigen." Und an die Industriestaaten des Westens appelliert er: "In Anbetracht unserer extremen Verletzlichkeit als kleines Atoll-Land dürfen wir nicht versinken, nur weil die großen und industrialisierten Staaten diese Probleme verursacht haben."

Selbst beim Anpassungsfonds (Adaptation Fund), den die Entwicklungsländer praktisch selbst finanzieren, gab es in Poznan am letzten Verhandlungstag keine Einigung. Der Fonds wird durch ein Prozent der Einnahmen aus dem Clean Development Mechanism (CDM) gespeist, über den Industriestaaten Verschmutzungsrechte kaufen können, indem sie in Umweltprojekte in Entwicklungsländern investieren, die Studien zufolge zur Hälfte nur Show sind.

Tuvalus Premierminister fordert einen direkten Zugang zu diesem Fonds und eine schnelle Auszahlung der Mittel: "URGENTLY, because we are suffering already for effects of climate change. How else and what else can we say it more clearly!"

Er kritisiert das bürokratische und "völlig inakzeptable" Verfahren. Auch eine Einbeziehung des Fonds in die Globale Umweltfazilität (GEF) der Weltbank lehnt er ab: "We do not want the Adaptation Fund to turn into all the other funds administered by the Global Environment Facility, where the only countries that can properly access the funds are the one that can afford consultants and UN agencies to write lengthy and endless project proposals and work their way through meters of red tape and survive lengthy delays."

Tuvalu ist mit 26 Quadratkilometern das viertkleinste Land der Welt und hat rund 12.000 Einwohner. Die höchste Erhebung auf den neun Inseln im südwestlichen Pazifik mißt fünf Meter. "We are not contemplating migration", sagt Apisai Ielemia. " We are a proud nation of people with a unique culture which cannot be relocated somewhere else. We want to survive as a people and as a nation. We will survive. It is our fundamental right."

GEREDE STATT TATEN

Ugandas Umweltministerin Jesca Eriyo sagt, die Lasten der Klimaerwärmung müssten vor allem die Menschen in den Entwicklungsländer schultern. Der Staatetat Ugandas gehe zu weiten Teilen für die Beseitigung der Folgen von Dürren und Flutkatastrophen drauf, für den Erhalt und Ausbau der Infrastruktur des Landes stünden kaum noch Mittel zur Verfügung. "Die Ziele der Verringerung der Armut sind so nicht erreichbar."

Dann platzt der Umweltministerin der Kragen: Jedes Jahr fahre sie zur Klimakonferenz der Vereinten Nationen, und jedes Jahr würden dieselben "allgemeinen Stellungnahmen" abgegeben, klagt sie. "Wir brauchen konkrete Verpflichtungen."

Die Ignoranz des Nordens bringt manchen Repräsentanten der "sich entwickelnden" Länder in Poznan in Rage. "Die Firmen und Politiker wollen nur den Kuchen untereinander aufteilen", sagt Alicia Munoz Toledo von der Kleinbauernbewegung Via Campesina in Chile. Sie sieht nur eine Lösung für die Menschen im Süden: "Wir müssen uns die Souveränität über unsere Ernährung sichern!" Aber das ist nicht so leicht in einer Welt, in der global agierende Konzerne sich längst schon Gen-Patente für jahrtausende alte Pflanzen und Nutztiere sichern und Gen-Getreide propagieren, dessen Ernten sich nicht mehr als Saatgut verwenden lassen. "Eine wirkliche Lösung wäre ein radikales Umkrempeln der kapitalistischen Wirtschaftsweise", meint Anna Filippi vom World Rainforest Movement (WRM).

Die Vertreter der Pan African Climate Alliance (PACJA) mit Sitz in Nairobi (Kenia) pochen darauf, dass jeder Mensch auf der Erde dasselbe Recht hat. Das muss auch für die Emissionsrechte gelten. Diejenigen, die mehr Verschmutzungsrechte für sich in Anspruch nehmen, sollen diejenigen, die genügsamer sind, dafür entschädigen, auch für die Emissionen der Vergangenheit. Die Industriestaaten sollten mindestens ein Prozent ihres Bruttonationaleinkommens für die Anpassung der Entwicklungsländer aufwenden - zusätzlich zur derzeitigen Entwicklungshilfe. Schliesslich seien Millionen Afrikaner dazu gezwungen, mit den Folgen der Klimaerwärmung zu leben.

Bharrat Jagdeo, der Präsident der Republik Guyana, verurteilt die "falsche Diskussion, die suggeriert, dass Länder nur den Klimawandel bekämpfen oder ihre nationale Entwicklung voranbringen" könnten. Wenn der politische Wille da sei, könne auch die Finanzierung klappen, wie die sieben Billionen US-Dollar zeigten, die bislang international aufgebracht wurden, um die Finanzmarktkrise in den Griff zu bekommen.

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