Bonn (epo.de). - Ein halbes Jahr lang arbeiteten Klimaexperten führender nichtstaatlicher Organisationen an einem eigenen Entwurf für ein "rechtsverbindliches Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls". Am Montag haben sie das Ergebnis, das 140-seitige "Kopenhagener Klima-Abkommen", am Rande der offiziellen Verhandlungsrunde der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) in Bonn der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Vertragsentwurf sei "eine Messlatte für die deutsche Regierung und alle Staaten, die bis zum Ende des Jahres den Text für ein neues Klimaabkommen aushandeln müssen", stellen die NGOs fest, und zeige "zum ersten Mal, wie die Interessenskonflikte zwischen den wohlhabenden und den armen Nationen gelöst werden können".
Der Text mit dem Titel
"Copenhagen Climate Treaty Version 1.0", der an die Vertreter von 192 Staaten verteilt wird, enthält nach Angaben der NGOs, darunter
Greenpeace,
Germanwatch und die Umweltstiftung
WWF, "ein voll ausgearbeitetes Kopenhagen-Protokoll, in dem alle notwendigen Elemente für ein faires und ambitioniertes Abkommen enthalten sind". Eine wichtige Grundlage für das 140seitige Werk seien die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur globalen Erwärmung gewesen, "damit die Folgen des Klimawandels das Leben in vielen Teilen des Planeten nicht unmöglich machen".
"Der gemeinsame Entwurf zeigt, wie ein faires, rechtsverbindliches und wissenschaftsbasiertes Abkommen in Kopenhagen erreicht werden kann und wie wir die Welt vor den katastrophalen Folgen des Klimawandels bewahren können", erklärte Regine Günther vom WWF Deutschland am Montag in Bonn.
GLOBALES "KOHLENSTOFF-BUDGET"
Das Dokument beschreibt "den Weg, den die Welt gehen muss, um einen katastrophalen Klimawandel abzuwenden und deutlich unter dem Anstieg der globalen Temperatur von 2 Grad Celsius zu bleiben". Anhand eines weltweiten Kohlenstoff-Budgets sieht der Vertragsentwurf eine Obergrenze für den Anstieg der Kohlendioxidemissionen vor. Für jedes Land soll ein spezifisches Kohlenstoff-Budget festgelegt werden, das für die Industriestaaten auch rechtlich verbindlich, also einklagbar sein soll. Industrie- und Entwicklungsländer sollen damit "entsprechend ihrer Möglichkeiten und ihrer Verantwortung" gemeinsam "die Zukunft unserer Erde und ihrer Bewohner sichern".
"Wir haben den Schutz des Klimas und damit den Schutz unseres Planeten und seiner Bewohner in das Zentrum des Vertrages gestellt - genau das erwarten wir jetzt von Bundeskanzlerin Merkel, Präsident Obama und allen anderen Regierungen", sagte Martin Kaiser von Greenpeace International. "Was wir jetzt brauchen, ist der politische Wille, diesen Text als Grundlage zu nutzen, um das Klimaabkommen fertig zu stellen, das die Welt zum Überleben braucht."
FINANZHILFEN UND VERSICHERUNGEN
Ein umfangreiches Anpassungspaket soll durch vorhersagbare Finanzunterstützung und einen internationalen Versicherungsmechanismus die besonders verletzlichen Regionen bei der Anpassung an den Klimawandel unterstützen, erklärten die NGOs. Die Entschädigung für langfristige Klimaschäden soll in einem politischen Prozess ausgehandelt werden. "Diejenigen, die von den bereits jetzt unvermeidbaren Einflüssen des Klimawandels getroffen sind, aber kaum zum Klimawandel beigetragen haben, müssen dringend Unterstützung erhalten. Das Kopenhagener Abkommen kann der Startpunkt für massive Investitionen in Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Anpassungstechnologien sein. Dies wäre ein wichtiger Schritt, um gemeinsam die Klimakrise, die Wirtschaftskrise und die drohende Energiepreiskrise zu bekämpfen", betonte Christoph Bals von Germanwatch.
Der Entwurf ruft zu einem rechtsverbindlichen Abkommen auf, das drei Teile enthält:
Erstens, die zweite Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls mit weit stärkeren Verpflichtungen zur Reduzierung der Emissionen in den Industrieländern,
zweitens, ein neues Kopenhagen-Abkommen mit rechtsverbindlichen Verpflichtungen der USA und entschiedenen Maßnahmen für den Weg in eine CO2-arme Gesellschaft der Entwicklungsländer, den diese mit Unterstützung der Industrienationen gehen;
drittens einige Entscheidungen, die einen Schnellstart schon vor 2013 ermöglichen, wenn die neuen Protokolle in Kraft treten.
Das "Kopenhagener Klima-Abkommen" wurde von Greenpeace, WWF, Germanwatch, IndyACT - the League of Independent Activists, David Suzuki Foundation, National Ecological Centre of Ukraine und "vielen weiteren Experten aus der ganzen Welt" erstellt.
Fotos: Oxfam, epo.deCopenhagen Climate Treaty Version 1.0www.germanwatch.org/treatywww.wwf.dewww.greenpeace.de