patente_leben_gp_100Berlin (epo.de). - Offenbar unter mysteriöser Geheimhaltung verhandelt die Europäische Union am 16. und 17. Juli in Marokko mit den USA und anderen Industriestaaten über eine Verschärfung des Patentschutzes. Oxfam befürchtet, "dass Medikamente für arme Menschen in den Entwicklungsländern bald unerschwinglich werden könnten". Im Rahmen des geplanten Anti-Fälschungsabkommens (Anti-Counterfeiting Trade Agreement/ACTA) strebten die Industrieländer eine Verschärfung der Patentregelungen auch für Medikamente an. "Ein solches Abkommen gefährdet das Gleichgewicht zwischen dem Schutz geistiger Eigentumsrechte und dem Recht der Menschen in Entwicklungsländern auf Zugang zu günstigen Medikamenten", warnte Oxfam-Handelsexperte David Hachfeld.

Was konkret in den Vertragsentwürfen der ACTA-Verhandlungen steht, wird nach Angaben von Oxfam unter Verschluss gehalten. "Angesichts der jüngsten Fälle von Generika-Beschlagnahmung in der EU legt die Geheimniskrämerei um die Verhandlungen nahe, dass die medizinische Versorgung der Armen unter den Tisch fallen wird", sagte Hachfeld. "Zu befürchten ist, dass Deutschland und andere Mitglieder der Europäischen Union in den ACTA-Verhandlungen auf vermehrte Medikamentenbeschlagnahmungen drängen werden. Allein seit November 2008 haben Zollbeamte in der EU mindestens 18 Generika-Lieferungen auf dem Weg von China und Indien über die EU in Entwicklungsländer konfisziert - darunter Arzneien gegen HIV/Aids und Herzerkrankungen."

Seit Beginn der ACTA-Diskussionen weigerten sich die Verhandlungsländer die Textentwürfe zu veröffentlichen und dadurch eine kritische Überprüfung zu ermöglichen, kritisiert Hachfeld. "Der Mangel an Transparenz ist völlig inakzeptabel und erhöht den Verdacht, dass das Abkommen einseitig die Interessen der Pharma-Unternehmen berücksichtigt."

Besonders problematisch ist für Hachfeld, "dass die Entwicklungsländer von den Verhandlungen ausgeschlossen sind". Gesundheitsinitiativen aus Indien und Deutschland befürchten seit längerem, dass armen Menschen der Zugang zu preiswerten Medikamenten erschwert oder unmöglich gemacht wird. So hatte der BAYER-Konzern eine Klage gegen die indische Zulassungsstelle für Pharmazeutika - Drugs Controller General of India (DCGI) eingereicht, da diese dem indischen Unternehmen Cipla eine Zulassung für das patentgeschützte Krebsmedikament Nexavar erteilt hatte.

Der Welthandelsrechts-Experte an der Universität Buenos Aires, Carlos Correa, warf  der EU in einer Studie vor, sie setze sich einseitig für die Interessen von Pharmaunternehmen, Saatgutherstellern und anderen Inhabern "geistigen Eigentums" ein. Bereits im Mai 2008 hatte WikiLeaks ein internes Diskussionspapier "on a Possible Anti-Counterfeiting Trade Agreement" veröffentlicht, das an Lobbyisten verteilt wurde, aber vor der Öffentlichkeit geheimgehalten werden sollte.

www.oxfam.de
ipjustice.org/wp/campaigns/acta/

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