
Dazu ein paar Anmerkungen vorweg: Nachdem sich die lateinische Sprache im Altertum als Kirchensprache durchgesetzt hatte, ergab sich schon bald die Notwendigkeit, Begriffe, wie sie beispielsweise die Germanen verwendeten, zu latinisieren. Diese Wortschöpfungen setzten sich durch die Jahrhunderte fort, bis Papst Paul VI., der sich schon während seiner Zeit als Kurienmitarbeiter als Systematiker zu erkennen gegeben hatte, im Jahre 1976 die "Latinitas"-Stiftung ins Leben rief. Sie ist für die Übersetzung moderner Begriffe ins Lateinische – sozusagen "ex cathedra" – zuständig.
Natürlich erschien schon bald das für alle Lateiner unentbehrliche Wörterbuch mit dem schönen Titel "Lexicon Recentis Latinitatis". Es ist eine wahre Fundgrube von lateinischen Wortschöpfungen, die in einer einzigartigen Art und Weise darüber Auskunft geben, wie die vatikanischen Lexikalen aus ihrer Sicht von urbis et orbis die Welt begreifen.

Entwicklungshilfe heisst auf Vatikanisch "subsidia internationalia", woraus sich ein erschreckender Verständnisabgrund über das Wesen der Entwicklungszusammenarbeit auftut. Denn um internationale "Unterstützung" geht es ja wohl nur zu einem geringen Teil, und die sich aus dem lateinischen Begriff ergebende Einspurigkeit gilt jenseits der Grenzen des Petersplatzes schon lange als überholt.
Das ist zwar bei weitem nicht so schlimm wie die vatikanische Übersetzung von Apartheid mit "segregatio nigritarum", vulgo "Abtrennung der Schwarzen", bedarf jedoch auch einer Nachbesserung.
Schliesslich noch ein "lateinisches Leckerli": Die Nichtregierungsorganisationen / NRO bzw, auf Neudeutsch "NGO". Für sie hat der Heilige Geist den Lexicon-Kurialen die lateinische Übersetzung "Societates quae lucrum non persequuntur" eingegeben. Daraus ergibt sich, dass Misereor auf gut-vatikanisch eine "SQLNP" ist.
Daran lässt sich natürlich nichts ändern, denn auch hier gilt "Roma locuta, causa finita". Für Nicht-Lateiner: Rom hat gesprochen, die Sache ist erledigt.
Lexicon Recentis Latinitatis
Bernd Dreesmann