Kabul/Bonn (epo.de). - Rund 670 Angriffe auf Schulen, vor allem Mädchenschulen, wurden im Jahr 2008 in Afghanistan verzeichnet. Mehr Engagement der lokalen Gemeinden und weniger sichtbare Einflussnahme von Regierung und Militär können das Risiko von Angriffen vermindern. Zu diesem Schluss kommt die Studie "Bildung unter Beschuss. Angriffe auf Bildungseinrichtungen in Afghanistan", die die Hilfsorganisation CARE gemeinsam mit der afghanischen Regierung und der Weltbank am Montag veröffentlichte.
Angriffe auf Schulen sind ein alarmierender Trend in Afghanistan. Im Jahr 2008 gab es der Studie zufolge 670 Übergriffe auf Schulen. Dabei wurden auch Lehrer und Schüler ermordet. Das afghanische Bildungsministerium gibt an, dass zwischen 2006 und 2007 insgesamt 230 Menschen bei Angriffen auf Schulen getötet wurden.
"Hör auf, an dieser Mädchenschule zu unterrichten, oder Du wirst abgeschlachtet." Diese Nachricht erhielt der Direktor einer Mädchenschule in Logar, südlich von Kabul, als maskierte Männer ihn abends aus seinem Haus zerrten und zusammenschlugen.
Im Rahmen der Studie "Bildung unter Beschuss" wurden mehr als eintausend Menschen befragt, darunter Mitglieder lokaler shuras (Räte), Schuldirektoren, Lehrer, Eltern und Schüler. Auf der Basis dieser Interviews und einer Analyse der Daten zu Angriffen konnten die Autoren deutliche lokale Muster im Bezug auf die Gewalt feststellen und daraus wichtige Schlussfolgerungen ziehen.
Einer der Schlüsselfaktoren, die das Risiko von Angriffen erhöhen, ist der Studie zufolge die Unzufriedenheit darüber, dass Mädchen in die Schule gehen dürfen. Obwohl nur 19 Prozent aller Schulen in Afghanistan reine Mädchenschulen sind, galten 40 Prozent der Angriffe ihnen. Auch die Präsenz von internationalen Gebern und Streitkräften erhöht das Risiko. Die Studie macht auch deutlich, dass diejenigen Schulen, die von Gemeinden ausdrücklich gewünscht waren, weniger häufig angegriffen werden. Wenn eine Gemeinde eine Schule selbst besitze und verwalte, könne sie diese Einrichtung auch besser schützen.
Die Studie zeigt auf, wie das Risiko von Angriffen gemindert werden kann. Der Schwerpunkt liegt dabei darauf, die Entscheidungsprozesse und die Einführung von Schutzmechanismen dezentral der Bezirks- und Gemeindeebene in die Hand zu geben. Die Gemeinden müssten dafür die nötige Unterstützung erhalten.
Die Studie empfiehlt darüber hinaus, Aufmerksamkeit dafür schaffen, wie wichtig Mädchenbildung ist. Die Einflussnahme von Militär und Provincial Reconstruction Teams (PRTs) sollte beschränkt werden. Das Geld, das derzeit durch PRTs für Bildungseinrichtungen ausgegeben wird, könne direkt in nicht-militärische Finanzierungsmechanismen übergeben werden.
"Ich habe gesehen, wie Gemeinden die Bildung, auch die von Mädchen, unterstützen und fördern, wenn sie selbst für die örtlichen Schulen und deren Sicherheit verantwortlich sind", sagte Lex Kassenberg, Länderdirektor von CARE in Afghanistan. "Und wenn wir die Lage in Afghanistan heute wirklich verändern wollen, müssen wir dafür Sorge tragen, dass die ganze Bevölkerung Zugang zu Bildung bekommt, einschließlich der Mädchen. Dann können wir eine stabile Gesellschaft aufbauen, in der Armut und Gewalt keinen Platz haben."
Foto: Schulkinder in Afghanistan © Wikimedia Commons www.care.de