Berlin (epo.de). - Die Kampagne für saubere Kleidung (Clean Clothes Campaign) hat zu einem weltweiten Boykott von Jeans aufgerufen, denen durch die so genannte Sandstrahltechnik ein abgenutzter Look verliehen wird.
Das Geschäft mit den modischen Sandstrahl-Jeans sei für Markenfirmen ein profitables Geschäft, allein in der Türkei litten jedoch bis zu 5.000 Arbeiterinnen und Arbeiter aufgrund unzureichenden Arbeitsschutzes unter der unheilbaren Krankheit Silikose, berichtete die Kampagne.
Das Sandstrahlen wird nach den Erkenntnissen der Clean Clothes Campaign (CCC) häufig in kleinen Unternehmen in Bangladesch, Ägypten, China, der Türkei, Brasilien oder Mexiko vorgenommen. Dabei gelangen Unmengen von Sandstaub in die Luft und - ohne ausreichende Schutzkleidung, wie es vielerorts üblich sei - auch in die Lungen. Dort verursache der Staub schnell und mit hoher Wahrscheinlichkeit die unheilbare und oft zum Tod führende Krankheit Silikose (Staublunge).
Ein türkisches Solidaritätskomitee, das betroffene Arbeiter unterstützt, schätzt nach CCC-Angaben, dass allein in der Türkei 4.000 bis 5.000 Arbeiterinnen und Arbeiter von der Krankheit betroffen sind. 46 Menschen habe der Modetrend bereits das Leben gekostet.
Adulhalim Demir, ein Aktivist des Komitees, befürchtet, dass die Dunkelziffer sogar deutlich höher liegen könnte.
Er arbeitete laut Clean Clothes Campaign selbst nur ein Jahr lang als Sandstrahler für den Zulieferbetrieb Leke Jeans und erkrankte rasch an Silikose: "Bereits 46 Prozent meiner Lunge sind zerstört. Ich kann keine körperlich belastende Arbeit mehr machen. Ich kann nicht laufen. Ich bekomme schwer Luft und kann nicht gut sprechen."
Adulhalim Demir ist arbeitsunfähig, aber er setzt sich nun für seine KollegInnen ein. Allein in seinem ehemaligen Betrieb seien 144 von 157 ArbeiterInnen an Silikose erkrankt, für sie will er Entschädigungen erkämpfen.
"Wir wollen, dass die schuldigen Markenfirmen Verantwortung für die erkrankten Sandstrahlerinnen und Sandstrahler übernehmen und ihnen eine angemessene medizinische Versorgung sichern, sowie Entschädigungen zahlen", betonte Demir. Ende September sei es einem an Silikose erkrankten ehemaligen Sandstrahler erstmals gelungen, diese Forderung auch vor Gericht durchzusetzen, so die CCC.
Julia Thimm von der deutschen CCC-Mitgliedsorganisation INKOTA appellierte an die betroffenen Unternehmen: "Wir fordern, dass die Firmen ihre Verantwortung für den entstandenen Schaden wahrnehmen und den Sandstrahlopfern medizinische Versorgung sowie angemessene finanzielle Entschädigungen zukommen lassen."
Aufgrund des enormen Gesundheitsrisikos habe die Türkei das Sandstrahlen von Jeans inzwischen gesetzlich verboten, berichtete die CCC. Auch in der Bekleidungsbranche gebe es erste positive Signale. Levi-Strauss und H&M hätten vor kurzem bekannt gegeben, auf den Verkauf sandgestrahlter Jeans zu verzichten. "Das Handeln einzelner Firmen alleine reicht nicht aus, um diesen Wahnsinn zu beenden. Wir fordern daher Regierungen auf, ein vollständiges Importverbot solcher Killerjeans durchzusetzen", sagte Philip Doyle von der Clean Clothes Kampagne Österreich. "Konsumentinnen und Konsumenten sollten ebenfalls auf diesen Modetrend verzichten und keine sandgestrahlten Jeans mehr kaufen", forderte Doyle.
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