unfccc_cop16_cancun_100Cancún (epo.de). - Umwelt- und Entwicklungs-Organisationen haben die überraschende Einigung bei der Klimakonferenz der Vereinten Nationen im mexikanischen Cancún begrüßt. Der Klimagipfel hatte in einer dramatischen Nachtsitzung am letzten Tag der Verhandlungen wichtige Klimaschutzpakete zum Schutz des Regenwaldes, für die Anpassung an den Klimawandel der verwundbaren Staaten, zum Technologietransfer und für einen grünen Fonds, der all diese Maßnahmen finanzieren soll, verabschiedet.

Zum ersten Mal sei das Zwei-Grad-Ziel offiziell von allen Staaten des UN-Systems als die angestrebte Höchstgrenze für den Temperaturanstieg akzeptiert worden, lobte Germanwatch. Die unzureichenden Selbstverpflichtungen der Industriestaaten beim Klimagipfel 2009 in Kopenhagen führten zu einem Temperaturanstieg von drei bis vier Grad bis Ende des Jahrhunderts. Sie sollten bis 2015 so nachgebessert werden, dass die Lücke zum Zwei-Grad-Ziel geschlossen wird, so Germanwatch.

"Der UN-Klimaprozess hat gezeigt, dass er in der Lage ist, wegweisende Ergebnisse zu erzielen. Darauf gilt es im nächsten Jahr, beim Klimagipfel in Südafrika aufzubauen. Die Langfristfinanzierung für Klima- und Regenwaldschutz sowie Anpassung werden dabei ebenso wie die rechtliche Form des Abkommens im Zentrum stehen", erklärte der Germanwatch-Vorsitzende Klaus Milke.

"Zugleich hat man aber auch gesehen, dass der konsensorientierte UN-Prozess mit einer im internationalen Klimaschutz weitgehend handlungsunfähigen US-Regierung nicht alleine die notwendige Dynamik im internationalen Klimaschutz erzeugen kann. Dazu bedarf es zusätzlich Vorreiterkoalitionen zwischen Staaten, Kommunen und Unternehmen", sagte Christoph Bals, politischer Geschäftsführer von Germanwatch. "Handeln, Verhandeln, Koalitionen ist der notwendige Dreischritt."

ZEICHEN DER HOFFNUNG

Greenpeace wertete das Abschlusspapier der Klimakonferenz in Cancún als "Zeichen der Hoffnung". Damit siegte nach Ansicht der Umweltschutzorganisation zum Schluss die Einsicht in die Notwendigkeit über die Furcht. Zwar werde mit den Beschlüssen der Klimakonferenz der Klimawandel noch nicht gestoppt, aber die Staatengemeinschaft sei einem Klimaschutzvertrag in einem Jahr in Südafrika mit den heutigen Beschlüssen ein Stück näher gekommen.

Mit dem einstimmigen Beschluss über die Einrichtung eines Klimaschutzfonds, der Sicherung von Biodiversität sowie der Rechte Indigener Völker, und der Festlegung der Grenze der Erwärmung auf unter zwei Grad Celsius seien jetzt die Grundpfeiler für einen globalen Klimaschutzvertrag gelegt worden, so Greenpeace.

"Das Ergebnis ist besser, als viele hier zeitweise befürchtet haben. Trotzdem – es ist erst der Anfang. Jetzt muss die Arbeit richtig losgehen", sagte der Leiter der Internationalen Klimapolitik von Greenpeace, Martin Kaiser. "Bis nächstes Jahr müssen die Staaten nun das entscheidende Klimaschutzprotokoll im Detail erarbeiten. Denn Cancún hat bisher nur den Prozess zur Erarbeitung des Klimaschutzvertrags gerettet, aber noch nicht das Klima selber. Die Geschwindigkeit des internationalen Klimaschutzes kann überhaupt nicht mit der dramatisch schnellen Erderwärmung Schritt halten. Der ungezügelten Verschmutzung der Atmosphäre durch Mineralöl-, Kohle- und Holzindustrie sind mit dem Papier noch keinerlei Grenzen gesetzt."

Kaiser kritisierte, dass Europa ein schlechtes Bild abgegeben habe. "Die EU war wenig ambitioniert. Kein mutiges Reduktionsziel, Uneinigkeit in wichtigen Beschlüssen – so verkommt die europäische Union in der Klimapolitik zur Bedeutungslosigkeit." Bei der Einrichtung des Klimaschutzfonds zum Beispiel hätten die Europäische Kommission und Großbritannien lange gegen die EU-Position gearbeitet. "Wenn man nun bedenkt, dass auch die USA, Russland und Japan gebremst haben, ist das Papier in Cancún wirklich das Maximum, was man aus dieser Staatengemeinschaft herausholen konnte. Zu verdanken ist das allein der mexikanischen Präsidentschaft sowie den am meisten von den Folgen des Klimawandels betroffenen Ländern."

Greenpeace fordert von der EU, sich Anfang 2011 darauf zu einigen, die Treibhausgase bis 2020 um 30 Prozent zu senken, wie es der Weltklimarat fordert. "Auch der Auftritt von Deutschland war glanzlos", sagte Kaiser. "Die Rede von Umweltminister Norbert Röttgen war unengagiert. Bei EU-Verhandlungen wie z.B. bei Verkehrs- und Energiepolitik bremst Deutschland Klimaschutz aus. National blockiert die Regierung durch die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke den Ausbau erneuerbarer Energien. Und den Beschluss der Regierung, 100 Prozent der Versteigerungserlöse in den Klimaschutz zu investieren, hat Röttgen auch nicht in den Verhandlungen verankern können."

NOCH VIELE PUNKTE UNGELÖST

"Wir begrüßen den Fortschritt, der hier in Cancún erreicht wurde", sagte Poul Erik Lauridsen, Advocacy-Koordinator für Klimawandel bei der Hilfsorganisation CARE. "Aber wir müssen gleichzeitig auch vorsichtig sein, denn die schwierigen Verhandlungspunkte zu Minderung des Klimawandels und zur Finanzierung bleiben ungelöst." Dennoch zeige Cancún, dass Verhandlungen unter dem Dach der Vereinten Nationen erfolgreich sein könnten, wenn ausreichender politischer Wille vorhanden sei. "Nichtsdestotrotz sind noch viele Knoten hin zu einem globalen Klima-Abkommen ungelöst."

Die Einrichtung eines grünen Klimafonds (Green Climate Fund) nannte CARE einen wichtigen Schritt hin zum Beschluss eines fairen, ehrgeizigen und verbindlichen Klima-Abkommens bei der Klimakonferenz in Südafrika im nächsten Jahr. "Der Klimafond erscheint wie ein glitzerndes Weihnachtspaket. Leider ist noch nichts drin in der Box", sagte Lauridsen.

Beim Thema Waldschutz (REDD, Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation) wurde eine Einigung erzielt, doch die umstrittenste Frage, wie der REDD-Mechanismus finanziert werden soll, wurde auf das nächste Jahr verschoben. "Der heute verabschiedete Text zum Waldschutz beinhaltet schwächere Sicherheitsrichtlinien für indigene Völker als wir uns erhofft hatten", erklärte Raja Jarrah, REDD-Experte von CARE. "Das Waldschutzabkommen hat leider noch einige Hintertüren. Wir müssen sicherstellen, dass Waldschutz in der Praxis Bewohner und Gemeinden nicht benachteiligt."

Dass sich die Delegierten auf ein Rahmenabkommen zur Anpassung an den Klimawandel einigten, sei ein "signifikanter Meilenstein", so CARE. Zwar seien auch hierbei noch viele Fragen im nächsten Jahr zu lösen, wie beispielsweise, welche Länder für die Folgen des Klimawandels am anfälligsten sind und wie Staaten, die permanente Schäden und Verluste durch den Klimawandel erhalten, kompensiert werden. "Es gibt beim Thema Anpassung noch viele Knackpunkte zu klären", betonte Poul Erik Lauridsen. "Aber für heute ist das Abkommen eine gute Nachricht für all diejenigen Menschen, die vom Klimawandel betroffen sind."

Keine Fortschritte gab es bei der Verpflichtung zur Emissionsreduzierungen der Industriestaaten. "Dies ist allerdings essentiell, will man die Ursachen statt der Symptome des Klimawandels bekämpfen", kritisierte Lauridsen. "Die Zeit rennt weiter davon. Je länger wir mit Emissionsreduzierung warten, desto massiver wird die Anpassung notwendig sein."

www.germanwatch.org
www.greenpeace.de
www.care.de

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