gfbvBerlin. - Der bewaffnete Schutz von Handelsschiffen und Prozesse können die Piraterie vor Somalias Küsten nicht wirksam eindämmen. Diese Auffassung vertritt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Nur ein konsequentes Vorgehen gegen die international operierenden Auftraggeber der Piraten könne die Gewalt gegen Seeleute stoppen, erklärte die GfbV im Vorfeld des am Montag in Berlin geplanten "Anti-Piraten Gipfels" der Bundesregierung mit Vertretern der maritimen Wirtschaft.

Der von deutschen Reedern geforderte Einsatz von Soldaten oder bewaffneten Bundespolizisten an Bord deutscher Handelsschiffe werde die Piraterie nicht stoppen, so die GfbV. Auch Prozesse gegen einzelne Piraten könnten angesichts der Verelendung zehntausender somalischer Fischer kaum abschrecken. Denn für jeden verhafteten Piraten stünden als Ersatz fünf neue junge Männer bereit. Deshalb könne nur ein konsequentes Vorgehen gegen die international operierende Piraten-Mafia langfristig die Gewalt gegen Seeleute stoppen. Dafür sei eine Kurskorrektur in der europäischen Somalia-Politik dringend notwendig. Solange das Land weiter in Chaos und Gewalt versinke, sei der Kampf gegen die Piraterie kaum zu gewinnen, so die GfbV.

"Wer die Piraterie vor Somalias Küste langfristig eindämmen will, muss die Mafia-ähnlichen Netzwerke, die sie steuern, bloßlegen und deren Bankkonten sperren", sagte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Viel deute darauf hin, dass die Geldgeber und ihre Informanten nicht in Somalia ansässig seien, sondern zum Beispiel in Kenia, wo erpresstes Lösegeld im großen Stil in Immobilien und die Wirtschaft investiert werde. US-Ermittler gingen auch davon aus, dass einige der Netzwerke aus den arabischen Emiraten gesteuert werden.

"Die internationale Gemeinschaft muss gezielter gegen diese Köpfe der Gewalt ermitteln, wenn sie diesen Mafiabanden das Handwerk legen will", sagte Delius. Die Piraten selbst seien sowohl Täter als auch Opfer. Angesichts chronischer Arbeitslosigkeit, massiver Gewalt und einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 48 Jahren verdingten sich viele Somalis als Piraten.

"Der Kampf gegen die Piraterie wird nicht auf See, sondern an Land entschieden", betonte Delius. Auf die verstärkten Seepatrouillen der EU-Operation "Atalanta" reagierten die Piraten, indem sie ihre Überfälle bis vor die Küsten Indiens, Madagaskars und der Seychellen ausweiteten. "Solange Krieg, Rechtlosigkeit, Korruption und Willkürherrschaft in Somalia herrschen, kann die Piraten-Mafia ungehindert operieren. Ohne Frieden in Somalia, gibt es leider auch keinen Frieden für deutsche Seeleute", sagte Delius.

Wenn Europa ein Ende des Bürgerkrieges in Somalia wolle, dann müsse es auch in seiner Somalia-Politik neue Wege gehen, fordert die GfbV. Mit Waffen und Ausbildern werde kein Krieg in Somalia entschieden. Nur Friedensgespräche zwischen allen Konfliktparteien könnten das Morden beenden. "Doch das setzt voraus, dass die EU nicht weiter die somalische Übergangsregierung als alleinigen Ansprechpartner ansieht, obwohl sie nicht einmal die Hälfte der Hauptstadt kontrolliert."

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