Berlin. - Die Agrarminister der 20 mächtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) treffen sich vom 22. bis 23. Juni in Paris. Im Vorfeld hat das katholische Hilfswerk MISEREOR resolute Maßnahmen zur Stabilisierung der Nahrungsmittelpreise gefordert. "Für viele Arme weltweit ist das Auf und Ab der Preise lebensbedrohlich. Die G20 haben eine besondere moralische und menschenrechtliche Verpflichtung, die starken Preisschwankungen wirksam einzudämmen", erklärte MISEREOR-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon.
"Die Regierungen der G20 haben die Macht, die dringend erforderlichen Maßnahmen in Gang zu setzen: Warentermingeschäfte strenger zu regulieren, die öffentliche Förderung von Agrartreibstoffen zu beenden und den Einsatz von importiertem Sojaschrot als Futtermittel in der Tierhaltung zu reduzieren", mahnte Bröckelmann-Simon. "Entscheidend ist, dass sie jetzt auch den politischen Willen dazu aufbringen."
Besonders drastisch wirken sich die gestiegenen Preise am Horn von Afrika aus, das derzeit ohnehin von einer Dürre heimgesucht werde, so MISEREOR. Mais koste in Kenia aktuell 60 bis 80 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. In Äthiopien seien die Maispreise sogar um bis zu 120 Prozent gestiegen. "Bewohner von Slums und andere Menschen, die ohnehin in tiefer Armut leben, können sich die Nahrungsmittel, die sie zum täglichen Überleben brauchen, nicht mehr leisten", sagte Bröckelmann-Simon. "Für die Haushalte vieler importabhängiger Länder sind die internationalen Preissteigerungen kaum mehr zu schultern." Laut Welternährungsorganisation FAO müssen die Entwicklungsländer für Nahrungsmittelimporte in diesem Jahr insgesamt 486 Milliarden US-Dollar ausgeben: ein Viertel mehr als im vergangenen Jahr.
Schuld an den internationalen Preissteigerungen ist für MISEREOR unter anderem die zunehmende Nutzung von Ölsaaten und Getreide für die Herstellung von Futtermittel und Agrartreibstoffen. "In der aktuellen dramatischen Lage müssen die G20 dem Rat von IWF, Weltbank und verschiedenen UN-Organisationen folgen und die Quoten und Subventionen für Agrartreibstoffe so schnell wie möglich einstellen", forderte Martin Bröckelmann-Simon.
Eine von diesen Organisationen Anfang Juni vorgelegte Hintergrundstudie hatte den G20 dringend zu diesem Schritt geraten. Der Studie zufolge hat sich zwischen 2000 und 2009 die globale Produktion von Bioethanol vervierfacht, von Biodiesel sogar verzehnfacht, so dass Agrartreibstoffe eindeutig zu den wichtigsten Preistreibern gehörten.
MISEREOR ermutigte Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU), sich in Paris für eine strengere Regulierung von Warentermingeschäften stark zu machen. Anfang des Jahres hatte die Ministerin sich öffentlich für mehr Transparenz, eine Begrenzung der Positionen einzelner Händler sowie eine Begrenzung der täglich erlaubten Preisschwankungen an den Warenterminbörsen ausgesprochen. Seit März fordere die Bundesregierung nur noch Transparenz, jedoch keine Regulierung mehr. "Frau Aigner sollte im Sinne des Menschenrechts auf Nahrung zu ihrem Wort stehen und auch gegenüber Finanzminister Wolfgang Schäuble für diese Position werben", sagte Bröckelmann-Simon.
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