Shanghai Metro. Foto: SiemensBerlin/Bonn (epo). - Der Verband Entwicklungspolitik (VENRO) hat gegen eine "große Koalition" von CDU- und SPD-Politikern protestiert, die mit 100 Millionen Euro aus Mitteln des Entwicklungshaushaltes den Bau einer Stadtbahn in Vietnam durch den Siemens-Konzern fördern wollen. Auch Entwicklungspolitiker der Parteien haben sich gegen das Vorhaben ausgesprochen, die Mittel aus dem Etat für Finanzielle Zusammenarbeit des Entwicklungsministeriums zu nehmen.

"Mit dem Vorhaben, 100 Mio. Euro aus dem Haushalt des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) für die Förderung des Baus einer Stadtbahn durch Siemens in Ho-Chi-Minh-Stadt bereit zu stellen, verstößt die Bundesregierung gegen ihr Prinzip, Armutsbekämpfung zur überwölbenden Aufgabe des Regierungshandelns zu machen", erklärte Reinhard Hermle, Vorstandsvorsitzender des Verbandes Entwicklungspolitik. "Diese Mittel sind dafür gedacht, die Lebenssituation der sozial Schwachen zu verbessern und die Millenniumsziele zu verwirklichen, nicht für die Förderung deutscher Unternehmen!"

Eine "große Koalition" von CDU und SPD wolle im Haushaltsausschuss des Bundestags 100 Millionen Euro aus Mitteln der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mobilisieren, um das Angebot von Siemens für die ausgeschriebene Auftragsvergabe zu unterstützen, so VENRO. Dafür sollten KfW-Gelder genutzt werden, die für Entwicklungsprojekte zur Armutsbekämpfung, Verbesserung der Gesundheitsvorsorge und Aids-Prävention eingeplant seien.

Die Entwicklung von Verkehrssystemen in den Metropolen der Entwicklungsländer sei grundsätzlich eine sinnvolle Sache. Sie müsse aber mit Kapitalmarktmitteln finanziert werden und dürfe keinesfalls zu Lasten von Maßnahmen gehen, die den wirklich Bedürftigen zugute kommen, so VENRO. Der Versuch, in der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses vor der Bundestagswahl von den knappen Mitteln der Finanziellen Zusammenarbeit etwas für die Wirtschaftsförderung abzuzweigen, gehe politisch genau in die falsche Richtung.

"Alle, die im Rahmen der von entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen getragenen Aktion 'Deine Stimme gegen Armut' für ein größeres Engagement seitens der Bundesregierung für die Erreichung der Millenniumsziele kämpfen, müssen sich genasführt vorkommen", sagte Reinhard Hermle. "Es riecht einfach zu sehr nach Außenwirtschaftsförderung, von der wir meinten, sie sei überwunden."

Der entwicklungspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Thilo Hoppe, erklärte: "Nichts gegen den Bau eines modernen und umweltschonenden Nahverkehrssystems in Ho-Chi-Minh-Stadt. Den Vorschlag der Chef-Haushälter von SPD und CDU/CSU, Vietnam 100 Millionen aus dem Entwicklungsetat (Einzelplan 23) zu geben, damit das teurere Angebot der Firma Siemens den Zuschlag erhält, halte ich jedoch für abenteuerlich. Das wäre reinste Außenwirtschaftsförderung aus der Kasse der Entwicklungspolitik."

Auch der entwicklungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion in Bundestag, Christian Ruck, plädiert dafür, die Mittel nicht aus dem BMZ-Etat zu nehmen: "Nach den mir vorliegenden Informationen würde die Größenordung des Vorhabens nicht im Rahmen der traditionellen Zusammenarbeit darzustellen sein. Angesichts der zunehmenden Handlungsunfähigkeit der bilateralen Zusammenarbeit müssen aus meiner Sicht Regierung und Parlament, so sie sich für die Finanzierung entscheiden, die dafür notwendigen Mittel zusätzlich bereitstellen."

Karin Kortmann, entwicklungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, ist der Ansicht, "dass hier vorschnell 100 Millionen Euro aus dem Haushalt des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur Verfügung gestellt werden sollen. Dem kann ich zum jetzigen Zeitpunkt so nicht zustimmen und habe diese Defizite immer wieder angemahnt." Siemens versuche "permanent einen Zeitdruck zu erzeugen", habe die Parlamentarier bislang aber nicht ausreichend über das Vorhaben unterrichtet.

Nach Informationen aus entwicklungspolitischen Kreisen will Siemens mit Hilfe der FZ-Mittel einen japanischen Konkurrenten unterbieten. Bundeskanzler Gerhard Schröder soll gebeten werden, Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), die sich gegen das Vorhaben sträubt, dazu zu drängen, der Bereitstellung des Kredits zuzustimmen. Die vietnamesische Regierung hat bisher für das Projekt keinen Antrag gestellt. Durch das Projekt könnten bei Siemens angeblich 400 Arbeitsplätze geschaffen bzw. erhalten werden.

[Foto: Die Shanghai Metro ? Siemens]

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