Göttingen. - Der marokkanische Bundesgerichtshof in Rabat hat die umstrittenen Urteile eines Militärgerichts gegen 25 Sahraui-Aktivisten und –Menschenrechtler aus der Westsahara aufgehoben und neue Verfahren vor Zivilgerichten angeordnet. Das hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Donnerstag in Göttingen berichtet. "Wir begrüßen diese Entscheidung als ersten Schritt zu mehr Gerechtigkeit für die inhaftierten Sahrauis nach einem politisch motivierten Verfahren", erklärte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius.
"Wir freuen uns, dass der Bundesgerichtshof unsere Kritik teilt, dass Zivilisten nicht vor ein Militärgericht gestellt werden sollten", sagte Delius. "Bis zu einem neuen Prozess vor einem Zivilgericht sollten die Beschuldigten aus der Haft entlassen werden, damit sie nicht wieder drei Jahre lang im Gefängnis auf ihr Gerichtsverfahren warten müssen. Auch für sie muss das Unschuldsprinzip gelten."
Dass die Sahrauis nach einem unfairen Verfahren im Jahr 2013 zu meist langjährigen Haftstrafen verurteilt worden waren, so die GfbV, hatte weltweit Proteste ausgelöst. Die Sahrauis hatten sich im Jahr 2010 an dem Protestlager Gdim Izik beteiligt. Dort hatten rund 20.000 Sahrauis 8.000 Zelte aufgeschlagen und so gegen die Besatzungspolitik Marokkos in der Westsahara demonstriert. Bei der gewaltsamen Räumung des Lagers waren Sicherheitskräfte ums Leben gekommen. Für den Tod von elf Polizisten wurden die 25 Angeklagten verantwortlich gemacht und im November 2010 festgenommen. Sie saßen mehr als 26 Monate lang in Untersuchungshaft. Obwohl sie Zivilisten waren, wurden sie vor ein Militärgericht gestellt, dass die Urteil im Februar 2013 verhängte.
Schon die Verhaftung der Zivilisten habe den Eindruck erweckt, dass gezielt besonders engagierte Sahraui-Aktivisten kriminalisiert werden sollten, so die GfbV. Die Anklage habe ihre Vorwürfe nicht stichhaltig belegen können. Alle neun Zeugen erkannten die angeblichen Gewalttäter nicht. Foltervorwürfen der Angeklagten sei das Militärgericht nicht nachgegangen. So hätten die harschen Urteile vor allem auf erzwungenen "Geständnissen" der Beschuldigten basiert. Neun Angeklagte wurden zu lebenslanger Haft verurteilt, vier Personen zu 30 Jahren Gefängnis, sieben Sahrauis zu 25 Jahren, drei zu 20 Jahren und zwei Personen zu zwei Jahren Haft. Vier der 25 Inhaftierten kamen bereits vor dem Urteil des Obersten Gerichts frei, zwei von ihnen hatten ihre Strafe verbüßt. Einer wurde aufgrund seiner schlechten gesundheitlichen Verfassung entlassen, einem gelang die Flucht ins Ausland.
Bei einem Verfahren vor einem marokkanischen Militärgericht würden die Rechte der Angeklagten massiv eingeschränkt und es gebe keine Möglichkeit, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen, berichtete die GfbV. Der Bundesgerichtshof beziehe sich in seiner Anordnung auf ein im Jahr 2014 verabschiedetes neues Gesetz über die Militärgerichte, in dem Verfahren gegen Zivilisten ausgeschlossen werden.
Quelle: www.gfbv.de