Berlin. - Reporter ohne Grenzen (ROG) hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) aufgefordert, bei seinem Besuch in Peking am Dienstag die Verfolgung kritischer Journalisten, Blogger und Aktivisten in China anzusprechen. Unter Präsident Xi Jinping habe sich die Unterdrückung kritischer Stimmen im Land deutlich verschärft. Erst vor einer Woche habe die Polizei zwei Bürgerjournalisten festgenommen.
"China ist neben der Türkei und Ägypten eines der größten Gefängnisse für Journalisten weltweit", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Bei den Gesprächen mit führenden Politikern des Landes darf es nicht nur um Wirtschaftsbeziehungen gehen. Sigmar Gabriel muss sich für die Freilassung der im Land inhaftierten Journalisten und die Ausreise der schwer kranken Deutsche-Welle-Autorin Gao Yu einsetzen."
Am 24. Oktober, so ROG, nahm die Polizei Huang Qi, den Gründer der Webseite 64Tianwang, in der südwestchinesischen Provinz Sichuan vorübergehend fest. Die Internetseite informiert über Menschenrechte. Einem Medienbericht zufolge ließen die Behörden Huang nach 24 Stunden frei. Die Polizei soll ihn zu Beiträgen auf 64Tianwang unter anderem über Xi Jinping befragt haben. In einer Stellungnahme sollte Huang erklären, dass einige der Berichte falsch seien.
Die Behörden lassen Blogger und Menschenrechtsaktivisten nach Angaben von ROG oft vor großen politischen Ereignissen verhaften, um eine Berichterstattung über unerwartete Proteste zu verhindern. Am Tag von Huang Qis Verhaftung begann das viertägige Plenum des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas. Das Parteigremium mit den 200 ranghöchsten Parteimitgliedern tagt einmal im Jahr.
Einen Tag vor der Festnahme Huang Qis, so der ROG-Bericht, wurde der Bürgerjournalist Liu Feiyue in der nordchinesischen Provinz Hebei festgenommen. Er ist Gründer einer Webseite, die über Bürgerrechte berichtet. Einige anonyme Quellen vermuteten, seine Festnahme könnte mit dem Plenum der Partei zusammenhängen. Während des G20-Gipfels in der südostchinesischen Stadt Hangzhou Anfang September habe die Polizei zudem fünf Bürgerjournalistinnen entführt, die für 64Tianwang berichten. Die Seite 64Tianwang ist für den Preis der Pressefreiheit 2016 nominiert, den Reporter ohne Grenzen jährlich vergibt.
Momentan sitzen in China laut ROG 23 Journalisten sowie 84 Online-Aktivisten und Bürgerjournalisten wegen ihrer Arbeit in Haft. Auf der jährlichen ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht China auf Platz 176 von 180 Staaten.
Quelle: www.reporter-ohne-grenzen.de