oecd 80Berlin. - Migrantinnen, Migranten und ihre Kinder sind heute in Deutschland wirtschaftlich und sozial deutlich besser integriert als noch vor zehn Jahren. Dies gilt sowohl für die Erwerbssituation, den Bildungserfolg und das Armutsrisiko als auch für die Erfahrung von Diskriminierung. Defizite bestehen jedoch unter anderem beim Zugang zu qualifizierten Jobs und zum öffentlichen Dienst. Dies geht aus der Deutschlandauswertung einer neuen OECD-Studie hervor.

Die Deutschlandauswertung der gemeinsam mit der Europäischen Kommission erstellten Studie "Integration von Zuwanderern: Indikatoren 2018" wurde von der OECD gemeinsam mit der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Annette Widmann-Mauz, in Berlin vorgestellt. "Insgesamt ist der Trend bei der Integration von Zuwanderern in Deutschland positiv und gelingt besser als in Ländern mit vergleichbarer Migrationsgeschichte", sagte OECD-Migrationsexperte Thomas Liebig. "Trotz dieser positiven Entwicklungen besteht aber weiterhin Handlungsbedarf vor allem bei den Geringqualifizierten, Frauen sowie Kindern von niedrigqualifizierten Zuwanderern."

Staatsministerin Annette Widmann-Mauz erklärte: "Auch wenn die Zahlen der OECD deutliche Fortschritte bei der Integration von Zuwanderern zeigen, sind weitere Anstrengungen, besonders im Arbeits- und Bildungsbereich, dringend erforderlich. Wir müssen bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen besser werden und Frauen stärken, ihre Rechte besser wahrzunehmen. Wichtig ist Sprachförderung von Anfang an in Kitas und Schulen, damit alle Kinder faire Chancen haben. Und auch die interkulturelle Öffnung des öffentlichen Dienstes muss entschieden vorangetrieben werden."

Der Studie zufolge sind knapp 13 Millionen Menschen, die Deutschland leben, im Ausland geboren (Daten für 2017). Das entspricht rund 16 Prozent der Gesamtbevölkerung. Mit diesem Anteil liegt Deutschland im OECD-Vergleich im oberen Mittelfeld. Gut ein Fünftel der Zuwanderer (22 Prozent) lebt weniger als fünf Jahre in Deutschland. Auch dieser Wert liegt über dem OECD-Schnitt.

Besonders positiv hat sich der Studie zufolge in den vergangenen zehn Jahren die Erwerbssituation für Zuwanderer entwickelt, dem vielleicht wichtigsten Motor für eine gelungene Integration: So sei bei der Gruppe der im Ausland Geborenen die Beschäftigungsquote zwischen 2006 und 2017 von 59 Prozent auf über 67 Prozent gestiegen, auch getragen durch die gute konjunkturelle Entwicklung.

Gleichzeitig hat sich der Abstand zur im Inland geborenen Bevölkerung verringert. Dennoch liegt dieser mit 8,7 Prozentpunkten nach wie vor über dem OECD-Mittel. Der Beschäftigungsabstand ist aber geringer als in fast allen anderen Zielländern von Migration mit lange ansässigen und eher geringqualifizierten Zuwanderern. Zu dieser Gruppe gehören neben Deutschland auch Belgien, Frankreich, die Niederlande und Österreich.

Bei Frauen ist der Beschäftigungsabstand zur im Inland geborenen Bevölkerung größer als bei Männern. Dafür ist bei im Ausland geborenen Frauen die Erwerbsbeteiligung zwischen 2006 und 2017 schneller gestiegen als bei Männern. Allerdings arbeitet fast jede dritte erwerbstätige Migrantin in einem Job, der nur geringe Qualifikationen erfordert. Zugewanderte Frauen sind zudem häufiger für die ausgeübten Tätigkeiten überqualifiziert und arbeiten noch häufiger in Teilzeit als in Deutschland geborene Frauen. Die Arbeitslosenquote aller im Ausland Geborenen hat sich in Deutschland zwischen 2006 und 2017 mehr als halbiert und lag 2017 bei 6,9 Prozent.

Auch im Bereich Bildung gibt es einen positiven Trend. Zwar liegt der Anteil der Hochqualifizierten (Fachhochschul-/Hochschulstudium, höhere berufliche Bildung) unter den Zuwanderern mit 23 Prozent deutlich unter dem OECD- und EU-Schnitt sowie unter dem Wert für die im Inland geborene Bevölkerung. Bei Neuzuwanderern (Menschen, die weniger als zehn Jahre im Land sind) liegt der Anteil allerdings bei 30 Prozent und damit auch über dem Wert der im Inland geborenen Bevölkerung. Allerdings ist in den meisten anderen OECD-Ländern der Anteil Hochqualifizierter an den Neuzuwanderern noch höher. Gleichzeitig liegt der Anteil Geringqualifizierter (weder Fachhochschulreife noch abgeschlossene Berufsausbildung) unter den Zuwanderern bei 35 Prozent, gegenüber zehn Prozent bei der im Inland geborenen Bevölkerung.

Auch bei den in Deutschland geborenen Kindern von Migranten sind Fortschritte zu verzeichnen. So hat sich in den vergangenen zehn Jahren die Lesekompetenz der 15-Jährigen deutlich und im OECD-Vergleich überdurchschnittlich verbessert. Gleichzeitig liegt der Anteil der 15- bis 34-jährigen in Deutschland geborenen Migrantenkinder, der weder in Ausbildung noch in Beschäftigung ist (NEET-Rate), mit zehn Prozent so niedrig wie in keinem anderen EU-Land.

Unter den jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund (25- bis 34-Jährige) ist der Anteil der Hochqualifizierten (Fachhochschul-/Hochschulstudium, höhere berufliche Bildung) in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Dennoch lag er 2017 mit 17 Prozent so niedrig wie in keinem anderen OECD-Land mit vergleichbaren Daten und deutlich unter dem Wert für Gleichaltrige mit in Deutschland geborenen Eltern (32 Prozent).

Eine Herausforderung bleibt der hohe Anteil Geringqualifizierter unter den Kindern der Zuwanderer: Rund ein Viertel der jungen Migrantenkinder hat weder Abitur noch eine abgeschlossene Berufsausbildung. Deutschland liegt hier deutlich über dem EU- und OECD-Schnitt. Bei jungen Erwachsenen ohne Migrationshintergrund liegt der Anteil der Geringqualifizierten bei etwas über acht Prozent. Auch sind nur 8,5 Prozent der jungen in Deutschland geborenen Migrantenkinder im öffentlichen Dienst beschäftigt. Bei den 15- bis 34-Jährigen ohne Migrationshintergrund sind es über 17 Prozent. Der Abstand ist so groß wie in kaum einem anderen OECD-Land.

Bei einem Großteil der erfassten Sozialindikatoren ist die Lage vergleichsweise gut. Zwar leben Zuwanderer auch in Deutschland häufiger in relativer Armut als im Inland geborene Menschen (21,7 Prozent gegenüber 16,4 Prozent). In den meisten anderen OECD-Ländern ist das Armutsrisiko aber deutlich stärker bei den Zuwanderern konzentriert.

Gemischt ist die Situation bei der Einstellung zum Aufnahmeland. So geben 83,3 Prozent der im Ausland Geborenen an, dass sie sich eng oder sehr eng mit Deutschland verbunden fühlen. Im OECD-Vergleich ist das ein eher niedriger Wert. Allerdings ist auch bei der gesamten im Inland geborenen Bevölkerung die Verbundenheit mit Deutschland nicht viel ausgeprägter. 2017 hatten 61 Prozent der Zuwanderer, die mehr als zehn Jahre in Deutschland leben, die deutsche Staatsbürgerschaft erworben. Das ist gegenüber 2006 ein Rückgang um 9,4 Prozentpunkte.

Auch die gegenseitige Wahrnehmung und der Umgang miteinander scheinen sich überwiegend positiv zu entwickeln. Zugewanderte hierzulande sehen sich selbst seltener als ein Ziel von Diskriminierung (elf Prozent) als dies EU-weit der Fall ist (14 Prozent) und auch seltener als noch vor zehn Jahren (minus vier Prozentpunkte). Ebenso sind die Einstellungen von in Deutschland Geborenen gegenüber Migranten positiver als noch vor zehn Jahren und positiver als im EU-Schnitt.

Quelle: www.oecd.org 


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