fianKöln. - Indigene leben in vielen artenreichen und zurecht schutzwürdigen Regionen der Welt. Sie leiden jedoch immer wieder unter den von der UNESCO anerkannten Weltnaturerbestätten. Hunger und Vertreibung sind an der Tagesordnung, wie das Beispiel der Maasai im Norden Tansanias zeigt. Vor der UNESCO-Zentrale in Paris wird dagegen heute (18. April) am Tag des UNESCO-Welterbetags protestiert, meldet die Menschenrechtsorganisation FIAN. Zusammen mit MISA (Maasai International Solidarity Alliance) – einem Netzwerk von Organisationen aus Tansania, den USA und Europa – fordert FIAN die UNESCO auf, ihre Komplizenschaft bei Menschenrechtsverletzungen zu beenden.

Roman Herre, Landrechtsexperte von FIAN Deutschland: "Hunger, Gewalt und Zwangsumsiedlungen sind im UNESCO-Schutzgebiet Ngorongoro umfassend dokumentiert. Die UNESCO schaut seit Jahren weg." Auf drei Kontinenten – in Tansania, in Paris vor der UNESCO-Zentrale und in den USA – gibt es heute Protestaktionen gegen die Rolle der UNESCO im Fall Ngorongoro. Die betroffenen Maasai fordern, das Schutzgebiet von der Liste der UNESCO-Weltnaturerbestätten zu streichen.

Die Menschen im Schutzgebiet befinden sich in einer dramatischen Situation: Nach Plänen der Regierung sollen sie das Schutzgebiet verlassen. Rund 80.000 dort lebende Massai wurden von der Grundversorgung abgeschnitten. Gesundheitsdienste und Schulen wurden geschlossen. Es gibt keinen Zugang zu Impfungen für Kinder (derzeit herrscht eine Masernepidemie in der Region) und weder HIV- noch Tuberkulose-Medikamente. Nahrungsmittel werden künstlich verteuert, und Viehherden der Maasai immer wieder willkürlich beschlagnahmt und versteigert. Gewalt und Einschüchterungen durch die Parkverwaltung und die Polizei sind alltäglich, kritisiert FIAN.

"Es ist absurd, dass die UNESCO sich als wichtigste UN-Organisation für Bildung präsentiert und dann wegschaut, wenn im UNESCO-Schutzgebiet systematisch das Menschenrecht auf Bildung verletzt wird und tausende Kinder ihrer Schulbildung beraubt werden“, so Roman Herre weiter. "Auch wenn die UNESCO nicht direkt zur Umsiedlung der Maasai aufgerufen hat, begleitet und unterstützt sie die dortigen Menschenrechtsverletzungen durch ihre Empfehlungen und ihr Wegschauen. Man muss daher von einer Komplizenschaft sprechen.“

Das Schutzgebiet Ngorongoro (Ngorongoro Conservation Area) wurde 1979 in die Liste der heute 227 UNESCO Weltnaturerbe-Stätten aufgenommen. Es grenzt direkt an den Serengeti Nationalpark. Die Maasai richteten sich schon mehrfach an die UNESCO, da diese die Vorhaben, die den Maasai schaden, maßgeblich unterstützt. So wurde auf Empfehlungen der UNESCO hin die Subsistenzlandwirtschaft verboten. Der Welterbeausschuss empfahl zudem, Straßenrechte der lokalen Bevölkerung nicht anzuerkennen, unterstützt jedoch einen Ausbau des Straßennetzes für den Tourismus.

Laut neuesten Plänen der Regierung soll beinahe das gesamte traditionelle Territorium der Massai in Nationalparks, Gebiete zur Großwildjagd und in Wildtierkorridore umgewandelt werden. Eine Million Menschen, vor allem Massai, würden dadurch ihr traditionelles Land verlieren.

Gleichzeitig wird der Tourismus massiv angekurbelt. Die Zahl der TouristInnen ist alleine im Ngorongoro-Schutzgebiet von 20.000 im Jahr 1979 auf eine Million in der letzten Saison angestiegen – grob 10 Prozent davon aus Deutschland. Deren Anwesenheit in „Tourist Lodges“ und mit Jeeps auf Fotosafari hat anscheinend keine negativen Auswirkungen auf die Natur, während die traditionellen Bomas (Hütten) der Massai und ihre Tiere gebrandmarkt werden, das von ihnen seit Jahrhunderten geschützte Gebiet rund um den Ngorongoro-Krater zu zerstören.

Quelle: www.fian.de


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