hoppe_thilo_100Berlin. - Die von Abgeordneten aus allen fünf Fraktionen des Bundestages ins Leben gerufene Parlamentarier-Initiative, die sich für mehr Geld für Entwicklungshilfe stark macht, hat mit Zurückhaltung auf den Haushaltsentwurf des Kabinetts reagiert, der am Mittwoch beschlossen wurde. "113,8 Millionen Euro mehr für Entwicklungszusammenarbeit sind zwar ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, zur Erreichung des 0,7%-Ziels sind aber weitaus größeren Summen nötig", sagte Thilo Hoppe (Foto, Bündnis 90/Die Grünen), einer der Initiatoren des Aufrufs, am Mittwoch in Berlin. Auch nichtstaatliche Organisationen kritisierten die Etatpläne.

Dass die vorgesehenen Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit gegenüber dem Eckwertebeschluss, den die Bundesregierung bereits im März vorgelegt hatte, überhaupt nicht erhöht worden sind, empfindet Hoppe als Enttäuschung. Zusammen mit Holger Haibach und Sabine Weiss (beide CDU), Bärbel Kofler (SPD), Harald Leibrecht (FDP) und Heike Hänsel (Linke) hatte Hoppe im März dieses Jahres einen "Aufruf zu einem entwicklungspolitischen Konsens zur Erreichung des 0,7%-Ziels" veröffentlicht, in dem gefordert wird, im Haushalt 2012 mindestens 1,2 Milliarden Euro mehr als im Vorjahr für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe zur Verfügung zu stellen. Nur so sei das auf internationaler Bühne gemachte Versprechen einzuhalten, bis 2015 eine ODA-Quote (official development assistance) von 0,7% des Bruttonationaleinkommens zu erreichen.

Den Aufruf der Parlamentarier, der von den Kirchen und nahezu allen deutschen Entwicklungsorganisationen und Hilfswerken unterstützt wird, wird mittlerweile von einer deutlichen Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestages mitgetragen. Bisher haben ihn 360 Parlamentarier unterschrieben (ab 311 ist die Mehrheit erreicht). Hoppe hofft, dass diese breite Unterstützung für den Aufruf dazu führen wird, dass im parlamentarischen Haushaltsverfahren die Ansätze für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe noch deutlich aufgestockt werden.

"Die Bundesregierung ist mutlos", sagte Ulrich Post, Vorstandsvorsitzender des Verbands Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen (VENRO). "Investitionen in Entwicklungszusammenarbeit sind vorausschauende Investitionen in Stabilität und breitenwirksames Wachstum. Aber auch diese Bundesregierung traut sich nicht, endlich mal einen großen Sprung bei den Entwicklungsausgaben zu machen."

"Diese Erhöhung ist völlig unzureichend, um Deutschlands entwicklungspolitische Versprechen zu erfüllen", urteilte Tobias Hauschild, Experte für Entwicklungsfinanzierung bei Oxfam Deutschland. "Bei den Entwicklungshilfeleistungen der Bundesregierung grüßt jährlich das Murmeltier: Immer wieder eine neue, herbe Enttäuschung".

Laut Hauschild böten sich neue Finanzierungswege an. Insbesondere sollten zukünftige Einnahmen aus einer Finanztransaktionssteuer in die Armutsbekämpfung fließen. Die Chancen zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer stünden nach dem Kurswechsel der EU-Kommission so gut wie nie. "Frau Merkel muss sich endlich für eine solche Steuer gegen Armut stark machen und dem Willen der Mehrheit der Abgeordneten gerecht werden", so Hauschild.

Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch forderte mehr Geld für internationalen Klimaschutz und eine verbesserte Transparenz in der internationalen Klimafinanzierung. Im Haushalt 2011 seien etwa 1,24 Milliarden Euro für klimarelevante Ausgaben vorgesehen gewesen. Aus dem jetzigen Beschluss, der als Vorlage für das parlamentarische Verfahren gilt, sei schwer ersichtlich, welche Mittel genau für die Klimafinanzierung verwendet werden sollen.

"Aus unserer Sicht ist es notwendig, dass die klimarelevanten Mitteln im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und bei der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) in Zukunft schrittweise ausgebaut werden. Die Bundesregierung muss klar zeigen, dass sie ihre internationalen Verpflichtungen aus Kopenhagen und Cancun einhält", erklärte Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch.

Auch der Direktor der entwicklungspolitischen Organisation ONE, Tobias Kahler, zeigte sich enttäuscht: "Trotz der Forderung von über der Hälfte der Bundestagsabgeordneten, mehr Mittel aufzuwenden, um das 0,7%-Ziel bis 2015 noch zu erreichen, bricht die Bundesregierung weiterhin internationale Zusagen – selbst wenn die steigenden entwicklungsbezogenen Ausgaben des Auswärtigen Amtes einbezogen werden. Gerade angesichts der Tatsache, dass Deutschland vor einigen Tagen den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat übernommen hat und noch dazu konjunkturell wirklich gut dasteht, ist dieser Haushaltsentwurf ein ausgesprochen schlechtes Zeichen nach außen. Im weiteren parlamentarischen Haushaltsverfahren müssen Aufwüchse kommen."

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