Berlin. - Nach dem Sieg des ultrarechten Kandidaten Jair Bolsonaro bei der Stichwahl um die Präsidentschaft in Brasilien sorgt sich Brot für die Welt mit seinen brasilianischen Partnern um die Demokratie und die Einhaltung der Menschenrechte im größten Land Lateinamerikas. MISEREOR und seine Partnerorganisationen befürchten, dass insbesondere die Rechte armer Bevölkerungsschichten und der Minderheiten drastisch eingeschränkt werden könnten.

Der neu gewählte Präsident hatte die brasilianische Militärdiktatur (1964-1985) im Wahlkampf verherrlicht und sich immer wieder abfällig über Arme, dunkelhäutige Brasilianer und Homosexuelle geäußert. Als eine seiner ersten Maßnahmen hat Bolsonaro angekündigt, die Gesetze für Waffenbesitz zu lockern. Er plane unter anderem eine Erweiterung der wirtschaftlichen Erschließung der Amazonas-Region ungeachtet der Folgen für die dort lebende indigene und traditionelle Bevölkerung und der enormen Auswirkungen auf den Klimawandel, berichtete Brot für die Welt.

"Die Ankündigungen des neuen Präsidenten geben Anlass zur Sorge", erklärte die Präsidentin von Brot für die Welt, Cornelia Füllkrug-Weitzel. "Brasilien hat zu Anfang des Jahrhunderts große Erfolge bei der Hungerbekämpfung und der Eindämmung der Tropenwaldabholzung erzielt. Diese Fortschritte stehen jetzt auf dem Spiel, denn der künftige Präsident hat schon im Wahlkampf offen erklärt, dass er die Interessen der Großgrundbesitzer und Holzunternehmen vertritt. Umweltaktivisten, soziale Bewegungen und indigene Völker werden bereits bedroht."

Darci Frigo, prominenter Menschenrechtler, Vize-Präsident des Nationalen Menschenrechtsrates und Direktor von Terra de Direitos, einer brasilianischen Partnerorganisation von Brot für die Welt, sagte: "Bolsonaro hat im Wahlkampf versprochen, soziale Bewegungen in Brasilien zu eliminieren. Das ist eine Kampfansage an die Organisationen der Zivilgesellschaft, die in einem so ungleichen Land in den letzten Jahrzehnten durch ihre Arbeit so viel zur Verbesserung der Lebensbedingungen und zur Entstehung einer Kultur der Diversität, des Respekts und der Toleranz in der brasilianischen Gesellschaft beigetragen haben."

Brot für die Welt werde die Partnerorganisationen in Brasilien in dieser schwierigen Situation weiterhin unterstützen, kündigte Cornelia Füllkrug-Weitzel an.

"Nach der Wahl von Jair Bolsonaro befürchte ich, dass die Rechte gerade der Armgemachten, der Minderheiten und Verletzlichsten in Brasilien drastisch eingeschränkt werden. Dass es zu mehr Verfolgung und Gewalt kommt und dem Schutz der Schöpfung nicht die nötige Priorität beigemessen wird", sagte MISEREOR-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel. Das alles habe Bolsonaro vor der Wahl bereits angekündigt.

Der Chef des katholischen Werks für Entwicklungszusammenarbeit rechnet zudem damit, dass sich der Handlungsspielraum für die Zivilgesellschaft, insbesondere für Nichtregierungsorganisationen, verkleinern wird. Auch müssten diese mit offener Verfolgung rechnen. Nicht zuletzt habe das neue Staatsoberhaupt Brasiliens die Kirche und ihre Institutionen offen angegriffen – und damit auch wichtige Partnerorganisationen von MISEREOR. Bereits vor der Wahl sei mit gezielt lancierten Falschmeldungen Stimmung gegen Sozial-Aktivisten und Vertreter von Minderheiten gemacht worden. "Das hat zu einer Zunahme von Bedrohungen bis zu tödlicher Gewalt gegen diesen Personenkreis geführt", heißt es in einem Brief von mehreren brasilianischen Partnerorganisationen an MISEREOR.

Besonders bedroht fühlen sich nach der Wahl Bolsonaros indigene Bevölkerungsgruppen in Brasilien. Der neue Präsident hatte im Wahlkampf angekündigt, dass den traditionellen Völkern "kein Zentimeter Land" in ihren Schutzgebieten erhalten bleiben werde. Diese würden stattdessen für die industrielle Landwirtschaft geöffnet. "Der Rassismus dieses ultrarechten Politikers gegenüber traditionellen Völkern ist sehr beunruhigend, ebenso, dass er den Schusswaffengebrauch gegen Indigene rechtfertigt", warnte die MISEREOR-Partnerorganisation CIMI, die Fachstelle für Indigene der brasilianischen Bischofskonferenz.

MISEREOR-Chef Spiegel, der selbst 15 Jahre als Pfarrer in Brasilien tätig war, mahnte eindringlich vor gravierenden Folgen für den inneren Frieden des lateinamerikanischen Landes, sollte Bolsonaro seine Wahlkampf-Ankündigungen wahr machen. "Ich weiß aus eigener Anschauung um die Nöte der armgemachten Bevölkerung, die auch in einem Schwellenland wie Brasilien täglich ums Überleben kämpft. Ich weiß um die Bedrohung von Minderheiten, die schon jetzt die Vertreibung von ihrem Land, Verfolgung und Gewalt erleben. Ich weiß um eine umweltzerstörende Politik und die Reduktion des Amazonasgebietes und seiner Urwälder auf ökonomische Interessen. Der gewählte Präsident verurteilte bisher nicht die begangene Gewalt gegen Arme, Schwarze, Indigene und MInderheiten. Zivilcourage wird mehr denn je notwendig sein. Der Internationalen Gemeinschaft darf es nicht gleichgültig sein, wie sich Brasilien zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen verhält."

Quellen: www.brot-fuer-die-welt.de  | www.misereor.de 


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