FUEBerlin (epo.de). - Zum Abschluss des "Europäischen Forums für nachhaltige ländliche Entwicklung" der EU haben Bauern- und Nichtregierungsorganisationen eine gemischte Bilanz gezogen. "Die EU hat die Bedeutung ländlicher Entwicklung für die Armutsbekämpfung unmissverständlich anerkannt. Zugleich vermissen wir eine kritische Analyse der Ursachen ländlicher Armut und der Widersprüche in der eigenen Politik". Dies erklärte Fon Nsoh aus Kamerun im Namen der 50 afrikanischen, asiatischen, lateinamerikanischen und europäischen Vertretern von Bauern- und Nichtregierungsorganisationen, die an der Konferenz teilnahmen.

Wenig glaubwürdig seien die Aussagen der Geberstaaten zu den sogenannten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, die momentan zwischen der Europäischen Union (EU) und den afrikanischen Staaten verhandelt werden, kritisierte Bernhard Walter, Landwirtschaftsreferent von "Brot für die Welt", zum Abschluss des viertägigen Forums. Die Geber stellten das Abkommen als wichtigen Impuls für die ländliche Entwicklung dar. Vertreter der Zivilgesellschaft aus Afrika befürchteten jedoch, dass die Agrarmärkte mit Importen aus der EU überflutet werden.

In ihrer Eröffnungsrede hatte die deutsche Entwicklungsministerin Heidemarie-Wieczorek-Zeul (SPD) erklärt, die EU verfolge in den EPA-Verhandlungen keinerlei Interesse an einer Marktöffnung in Afrika. "Konsequent wäre es dann, wenn die EU bei dem Treffen mit den AKP-Parlamentariern kommende Woche in Wiesbaden von ihrer Forderung nach Marktöffnung Abstand nehmen würde", forderte Ndiogou Fall, Vorsitzender des westafrikanischen Kleinbauernverbands ROPPA.

Keinen Fortschritt erkennen die NRO in der Debatte um Agrarreformen. "Die Notwendigkeit einer Umverteilung und Rückgabe von Land an die Ärmsten wird von den Gebern nach wie vor völlig ignoriert", sagte Paul Nicholson von der internationalen Kleinbauernbewegung La V?a Campesina. "Die EU selbst hat die marktorientierten Strategien der Weltbank 2004 in ihren eigenen Leitlinien zur Landpolitik sehr kritisch bewertet. Trotzdem stand dieses Modell beim Programm der Konferenz im Mittelpunkt".

Befremden äußerten die Teilnehmer darüber, dass das Menschenrecht auf Nahrung in den Dokumenten und Reden von offizieller Seite gänzlich unerwähnt blieb. "Uns hatte die Bundesregierung in den Vorbereitungen immer wieder beteuert, das Menschenrecht auf Nahrung sei der Dreh- und Angelpunkt der Konferenz. Leider ist dieses Thema am Ende völlig unter den Tisch gefallen", monierte Sof?a Monsalve von FIAN International. Dabei habe die Bundesregierung maßgeblich dazu beigetragen, dass die Mitgliedstaaten der Welternährungsorganisation FAO 2004 einstimmig Leitlinien zum Menschenrecht auf Nahrung verabschiedeten.

"Bei dem Forum wurde eine wichtige Chance verpasst", erklärte Fon Nsoh von COMINSUD aus Kamerun, einer Partnerorganisation von "Brot für die Welt", die im Bereich der nachhaltigen Landwirtschaft eng mit Kleinbauern zusammenarbeitet. "Um die Lebensverhältnisse von verarmten Kleinbauern zu verbessern, müssen sie in den Mittelpunkt aller Bemühungen gestellt werden." Dazu gehörten vor allem Landreformen sowie eine Agrarpolitik, die die Bauern fördert und ihnen eine Perspektive für ein ausreichendes Auskommen bietet. Diese Fragen seien jedoch nur am Rande debattiert worden. 

Positiv bewerten die NRO, dass die EU eine hohe Beteiligung der Zivilgesellschaft ermöglicht habe. Zugleich äußerten sie die Hoffnung, dass die EU und die Bundesregierung den Worten auch Taten folgen lässt. "Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr mehrmals die Bedeutung ländlicher Entwicklung unterstrichen" erklärte Rudolf Buntzel vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED). "Jetzt sollte sie die Dynamik der Konferenz nutzen, um auch in der Praxis neue Akzente zu setzen. Mehr Geld hilft aber nur dann, wenn die Rechte der Ärmsten im Mittelpunkt stehen". 

Zum Europäischen Forum für nachhaltige ländliche Entwicklung der EU hatten sich in Berlin mehr als 350 Vertreter von verschiedenen Geberstaaten, der EU und internationalen Institutionen getroffen, um neue Strategien für die ländliche Entwicklung in Afrika zu entwickeln. Mit dabe waren auch über 50 Repräsentanten von Bauernorganisationen, Hirtenvölkern, Fischern und indigenen Gemeinschaften aus Afrika, Südamerika, Europa und Asien. Sie waren der Einladung von kirchlichen Hilfswerken wie "Brot für die Welt" und deutschen Nichtregierungsorganisationen gefolgt, um ihre eigenen Visionen von ländlicher Entwicklung zu skizzieren.

www.forumue.de


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