weltwärts

Berlin (epo.de). -  Die ersten organisatorischen Schwierigkeiten scheinen überwunden, die ersten Klippen umschifft,  es wurde nachgebessert: In den ersten rund 12 Monaten hat das Projekt "weltwärts" das Laufen gelernt. In etwa vier Jahren werden rund 10.000 junge Menschen zwischen 18 und 28 Jahren um die vielzitierte interkulturelle Kompetenz und manche Erfahrung in Schwellen- und Entwicklungsländern reicher sein. Derzeitig anvisierte Projekt-Kosten: 70 Millionen Euro. Aufgelegt wurde das Freiwilligenprojekt vom Bundesministerium  für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ).  Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul und der zuständige BMZ-Referatsleiter Hans-Peter Bauer zogen am Montag zusammen mit sieben weltwärts-Rückkehrern eine überwiegend positive Bilanz zum ersten Jahr. Rund 180 Nichtregierungsorganisationen - und mit dem Deutschen Entwicklungsdienst (DED) eine staatliche Organisation  - haben inzwischen über 3000 Plätze in Entwicklungs- und Schwellenländern aufgetan – genug, um auch Ausweichmöglichkeiten zu haben, wenn Sicherheitsaspekte zu berücksichtigen sind. Bisher ging es für etwa 2000 junge Menschen weltwärts, im nächsten Jahr soll sich die Zahl verdoppeln. In etwa vier Jahren, so Referatsleiter Bauer, werde weltwärts mit 10.000 Teilnehmern und Teilnehmerinnen wohl zum größten Freiwilligendienst weltweit geworden sein.

Für die sieben jungen Menschen, die am Montag auf der Pressekonferenz Auskunft gaben, waren es wohl überwiegend die unterschiedlichen Lebensbedingungen und die zwischenmenschlichen Begegnungen, die einen tiefen Eindruck hinterließen. Michael Regnet von der deutschen Pfadfinderschaft St. Georg war zur "South African Scout Association" in die südafrikanische Provinz Mpumalanga gereist und formulierte es so: "Deutschland ist ein Entwicklungsland bezüglich der Sozialisierung der Menschen, des Miteinander."

Es fielen aber auch Sätze wie "Wohlstand ist nicht alles". Das sagte unter anderen Denise Villis. Das Welthaus Bielefeld hatte sie mit BMZ-Fördermitteln nach Mexiko geschickt, wo sie Menschen begegnete, die auf der Flucht über die guatemaltekische Grenze mit Ziel Amerika zum Beispiel von Zügen gestürzt oder von Mitgliedern krimineller Banden gestoßen worden und schwer verletzt worden waren. In der Albergue Buen Pastor del Probre y el Migrante A.C., vor 18 Jahren auf private Initiative einer Mexikanerin hin gegründet, bekommen die Flüchtlinge nicht nur Nahrung, ein Bett und psychologische Betreuung, sondern zum Beispiel auch Prothesen für den amputierten Arm oder das fehlende Bein.

Daniel Osberghaus half im im indischen Nagpur mit, ein Projekt für Mikrofinanzierung aus den Startlöchern zu bringen. Tandiwe Gross entwickelte – ebenfalls für die Ecumenical Sangam in Nagpur – Flyer und versuchte, zusammen mit der lokalen Universität vor Ort ein Projekt auf die Beine zu stellen, das allerdings "an Missverständnissen scheiterte". Denn es gab für die jungen Deutschen auch Stunden der Frustration. Doch es waren eher die positiven Erfahrungen, die aus den Teilnehmern und Teilnehmerinnen nur so heraussprudelten.

Nein, er habe keine Probleme dadurch bekommen, dass er mehr Geld zur Verfügung hatte, als zum Beispiel ein Festangestellter in Nicaragua, erklärte Dennis Abel, der für den Verein von  "Amistad con Nicaragua" zur Partnerorganisation Casa de la Mujer" ging und dort in einem Kindergartenprojekt arbeitete. Wichtig sei sich zu integrieren, mit den Menschen zu leben und sich nicht nach getaner Arbeit ins "bewachte Resort zurückzuziehen und französischen Rotwein zu trinken", sagte Laurin Vierath, der von der "Weltweiten Initiative für Soziales Engagement" zur Partnerorganisation "Sala de Tarea Matancita" geschickt wurde und im Bereich Bildung in einem Armenviertel eingesetzt war.  

Durch dieses Programm sollten auch junge Menschen aus nicht so begüterten Familien die Möglichkeit bekommen "weltwärts" zu reisen, betonte Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD). Außerdem könnten sich nicht nur Studenten, sondern auch Hauptschüler bewerben – etwa zehn Prozent der Bewerber hätten diesen Schulabschluss. Ein neu gegründeter Beirat, dessen Mitglieder einen zivilgesellschaftlichen "Querschnitt" bilden, begleitet das Projekt. Ja, es habe anfangs Schwierigkeiten gegeben, räumte Referatsleiter Bauer ein, schließlich hätten die ersten rund 2100 Plätze von den Nichtregierungsorganisationen, die die Jugendlichen vorbereiten und entsenden, auch erst einmal geschaffen werden müssen. Bisher haben rund 209 Trägerorganisationen und -verbünde die Anerkennung als weltwärts-Träger und damit die entsprechenden Fördermittel beantragt.

Die erhofften 10.000 Bewerbungen liegen laut BMZ bereits vor (davon 60 Prozent von Frauen). Außerdem sei ständig nach Verbesserungsmöglichkeiten gesucht worden, berichtete Hans-Peter Bauer. So werde es eine Internetplattform für die bessere Vernetzung geben. Nach drei Jahren soll dann Bilanz gezogen werden, was das Projekt bezüglich der Zielsetzung "gebracht" hat, die nach den Worten von Heidemarie Wieczorek-Zeul lautet, "den Blick auf die Welt und auf sich selbst zu verändern". Und da "werden wir dann wohl einige Gutachter beschäftigen", so die Ministerin.

Foto: Sieben Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Freiwilligendienstes  "westwärts" zogen im Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Bilanz (von links): Laurin Vierrath, Daniel Osberghaus, Michael Regnet, Tandiwe Gross, Heidemarie Wieczorek-Zeul, Rahel Bauer, Dennise Villis, Dennis Abel. Foto: epo.de/Petra Gabriel

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