Berlin (epo.de). - Der Anstieg der öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) der Industriestaaten um zehn Prozent auf knapp 120 Milliarden US-Dollar im Jahr 2008 ist von nichtstaatlichen Organisationen mit gemischten Gefühlen aufgenommen worden. Die Welhungerhilfe und terre des hommes sprachen angesichts der Hilfsprogramme für Banken im Rahmen der Finanzkrise von “Peanuts für die Armen”. Oxfam nannte die Steigerung der Entwicklungshilfe “begrüßenswert, aber unzureichend”, und auch die Lobbyorganisation ONE sprach von einer “gute Nachricht für die ärmsten Länder”, die aber weitere Hilfen benötigten.

“Es ist erfreulich, dass es einen Anstieg von 103,7 Milliarden Dollar (78 Milliarden Euro) auf 119,8 Milliarden Dollar (90 Milliarden Euro) gegeben hat”, kommentierte Hans-Joachim Preuß, Vorstandsvorsitzender der Welthungerhilfe, die Zahlen des Entwicklungshilfeausschusses der OECD. “Doch das ist die gesamte Entwicklungshilfe der 22 reichsten Länder der Welt. Wenn man die Zahl ins Verhältnis setzt zu dem, was für die Banken-Rettungspakte ausgegeben werden muss, sind das Peanuts für die Armen. Sie sind die Leidtragenden der Finanzkrise.”

Da die Entwicklungsländer wegen der Krise unter anderem unter hohen Kapitalmarktzinsen und sinkenden Rohstoffpreisen leiden, warnte die Weltbank bereits vor einem Anstieg der Zahl der Armen bis Ende dieses Jahres um 50 Millionen Menschen. “Die staatliche Entwicklungshilfe ist angesichts dieser Situation nicht mehr als ein Trostpflaster”, sagte Preuß. “Wir brauchen mehr Investitionen, vor allem in den ländlichen Gebieten, um die Ernährung zu sichern und um angesichts des steigenden Bedarfs Nahrungsmittel für den Weltmarkt zu produzieren.”

Klaus Schilder, entwicklungspolitischer Referent von terre des hommes, wies darauf hin, gemessen am Anteil der Entwicklungshilfe am Bruttonationaleinkommen befinde sich Deutschland mit 0,38 Prozent nur noch auf Rang 14 unter den 22 größten Geberländern. “Die Bundesregierung hat sich verpflichtet, diesen Prozentsatz bis zum Jahr 2010 auf 0,51 Prozent zu steigern. Wenn sie nicht wortbrüchig werden will, muss sie die Leistungen für die armen Länder in diesem und im kommenden Jahr um jeweils 1,9 Milliarden Dollar (1,4 Milliarden Euro) erhöhen. Auch weltweit muss mehr passieren – nur ein Prozent der jetzigen Konjunkturprogramme wäre ein wichtiger erster Schritt.”

Die Welthungerhilfe und terre des hommes veröffentlichen jährlich den
 Bericht „Die Wirklichkeit der Entwicklungshilfe“ als kritische Analyse der offiziellen Entwicklungspolitik.

OXFAM: KONKJUNKTURPROGRAMM FÜR DEN SÜDEN

“Die Steigerung der Ausgaben ist begrüßenswert, aber unzureichend”, erklärte Reinhard Hermle, entwicklungspolitischer Berater bei Oxfam Deutschland. Um sein Versprechen, die ODA bis 2010 auf 0,51 Prozent des BNE zu steigern, muüsse Deutschland die Leistungen um 27 Prozent oder 3,7 Milliarden US-Dollar erhöhen. Dieser nächste Schritt sei dringender denn je, da die Entwicklungsländer durch die Weltwirtschaftskrise ein weiteres Mal unverschuldet in eine Notsituation geraten seien. “Gerade jetzt dürfen wir sie nicht allein lassen”, fordete Hermle.

Der durchschnittliche Anteil am BNE aller Geberländer liege bei 0,3 Prozent, so Hermle. “Das ist weniger als in 2005 und steht in krassem Gegensatz zu den 8.400 Milliarden US-Dollar, die zur Rettung der Banken bereit gestellt wurden.” Die jüngste Erfahrung zeige, dass die reichen Länder Geld mobilisieren könnten, wenn sie es denn wollten.

“Die Proportionen sind völlig aus den Fugen geraten”, mahnte Hermle. “Um unseren Wohlstand zu sichern, wird kein Aufwand gescheut - um den Ärmsten ein Überleben zu sichern, geben wir nur Krümel. Im Jahr 2008 erhielt z.B. Afrika südlich der Sahara 22,5 Milliarden US-Dollar, das bedeutet ein mageres Plus von 0,4 Prozent.”

Hermle forderte, die Bundesregierung müsse sich beim G20-Gipfel am Donnerstag in London “für ein entsprechendes Konjunkturprogramm für Entwicklungsländer einsetzen, die sich keine solchen Programme leisten können”.

GEFAHREN DURCH FINANZKRISE

“Die Zuwächse sind einerseits eine gute Nachricht für die ärmsten Länder der Welt, die unverschuldet mit in den Strudel der Finanzkrise geraten”, bemerkte der Direktor der entwicklungspolitischen Lobbyorganisation ONE in Deutschland, Tobias Kahler. “Aber wir müssen jetzt schnell noch mehr tun, sonst macht die Finanzkrise die Erfolge der letzten Jahre zunichte.”

Die großen Summen verdeckten außerdem das sehr unterschiedliche Verhalten der Geber, so Kahler: “Großbritannien, die USA und Deutschland zeigen mit ihren Erhöhungen Weitsicht für globale Fragen. Die Entwicklungsministerin und die Bundeskanzlerin haben zudem bereits für das Jahr 2010 weitere dringend benötigte Erhöhungen angekündigt. Italiens Verhalten hingegen wird einem G8-Vorsitz kaum gerecht.”

Back to Top

Wir nutzen ausschließlich technisch notwendige Cookies auf unserer Website.