unfccc_cop17_durban_80Durban. - Delegierte aus mehr als 190 Staaten haben auf dem Klimagipfel in Durban einen Fahrplan für ein neues globales Klimaschutzabkommen verabschiedet, das erstmals alle Staaten umfassen soll. Es soll bis 2015 ausgehandelt werden und 2020 in Kraft treten. Ebenfalls beschlossen wurde eine neue Verpflichtungsperiode für das Kyoto-Protokoll. Umwelt- und Entwicklungs-Organisationen halten die Beschlüsse jedoch für nicht ausreichend, um die Klimaerwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen.

Die evangelischen Entwicklungswerke Evangelischer Entwicklungsdienst (EED) und "Brot für die Welt" werteten die "Durban Platform" nur als bedingten Fortschritt. Sie begrüßten die Einigung auf einen Fahrplan, der bis 2015 zu einem verbindlichen Abkommen für alle Länder führen soll, das dann 2020 in Kraft tritt. Sie kritisieren jedoch, dass insbesondere die USA, Kanada und Russland, aber auch Schwellenländer wie China und Indien die nötigen Klimaschutzmaßnahmen zu lange hinauszögerten.

"Im Kampf gegen den Klimawandel ist in Durban die internationale Solidargemeinschaft nahezu aufgekündigt worden", sagte Claudia Warning, Vorstand des EED. "Große CO2-Emittenten haben sich damit durchgesetzt, ambitioniertes Handeln nochmals zu verschieben. Wir werten es allenfalls als Teilerfolg, dass diesen Ländern auch dank des Drucks der Zivilgesellschaft abgerungen werden konnte, bis 2015 ein ab 2020 für alle geltendes Klimaabkommen zu verhandeln. Die USA wie die Schwellenländer müssen jetzt aber den Beweis antreten, dass sie es ernst meinen, indem sie zügig auf ein robustes Mandat und angemessenen Klimaziele hinwirken."

Die bescheidenen Fortschritte, die in den Bereichen Klimafinanzierung und Anpassung erzielt werden konnten, sind nach Auffassung der Hilfswerke eindeutig ein Verdienst der Inselstaaten, der Gruppe der ärmsten Entwicklungsländer sowie der EU, die sich mutig und konstruktiv gegen ein völliges Scheitern der Klimapolitik gestemmt hätten. Die EU habe sehr viele Zugeständnisse gemacht. China habe die Chance gehabt, den Durchbruch zu erwirken, sei dieser Verantwortung aber nicht gerecht geworden.

Nach Dafürhalten von Germanwatch reicht die in Durban vereinbarte Ambition noch nicht aus. Sie würde zu mehr als drei statt maximal zwei Grad Temperaturerhöhung führen. "Dieser Gipfel zeigt zwei Dinge: Der UN-Prozess bleibt notwendig, denn nur hier bekommen die Länder, deren Existenz gefährdet ist, eine Stimme. Nur hier können sie die großen Länder bewegen. Aber dieser Gipfel zeigt auch, dass er allein nicht ausreicht, um einen gefährlichen Klimawandel zu vermeiden. Die Vorreiterkoalition aus verletzlichen Ländern sowie progressiven Industrie- und Schwellenländern haben in Durban einen wichtigen Grundstein gelegt. Diese Kooperation brauchen wir nun auch außerhalb des UN-Prozesses", so Klaus Milke, Vorstandsvorsitzender von Germanwatch.

"Es war richtig, dass weder die EU noch die deutsche Delegation vorschnell einem faulen Kompromiss zugestimmt hat. Die hier gebildete Vorreiterkoalition sollte nun den Mut haben, auf die wichtigen Fortschritte in Durban aufzubauen. Zentral sind dabei Kooperationen für Klimaschutzmaßnahmen und eine abgestimmte Verhandlungsstrategie, um die Ambition schnell zu erhöhen", sagte Milke. "Für die EU heißt das, sich schnell zu einigen, um die Emissionen bis 2020 um mindestens 30-Prozent zu senken."

Greenpeace sprach von einem Rückschlag beim Klimaschutz. Weder die Beschlüsse zum Kyoto-Protokoll noch der Fahrplan für ein neues weltweites Klimaabkommen seien ausreichend, um die Klimaerwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen. "Angesichts des schwierigen Verhandlungsverlaufes wäre es besser gewesen, die Klimakonferenz hätte keine Beschlüsse gefasst, sondern im neuen Jahr so lange weiter verhandelt, bis ein wirklich gutes Ergebnis erzielt worden wäre", sagte Martin Kaiser, Leiter Internationale Klimapolitik bei Greenpeace.

Anders als von der EU angestrebt, werde das künftige globale Klimaabkommen kaum rechtlich bindend sein. "Die Staatengemeinschaft ist den Menschen einmal mehr eine Antwort auf die dringend zu lösende Klimafrage schuldig geblieben. Mit einem solch schwachen Klimavertrag wird das 2-Grad-Ziel nicht zu erreichen sein", sagte Kaiser. Auf Druck der USA und Indiens habe sich die Konferenz auf eine Kompromisslösung geeinigt. Völlig ungeklärt bleibe aber, um wie viel die großen Staaten ihre CO2-Emissionen in den kommenden Jahren reduzieren wollten.

"Mit diesem Fahrplan für ein Weltklimaabkommen werden sich Blockierer wie die USA, aber auch die großen Schwellenländer wie China und Indien aus der Verantwortung ziehen können", kritisierte Kaiser. "Die Staaten hatten in Durban nicht den Mut, die Zukunft der Menschen über ihre nationalen Interessen und die Interessen der Öl-und Kohleindustrie zu stellen."

Zwar sehe das Beschlusspaket auch eine zweite Verpflichtungsperiode für das im Jahr 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll vor, so Greenpeace, es sei jedoch nicht festgelegt worden, ob das Protokoll fünf oder acht Jahre gelten soll und ob die zahlreichen Schlupflöcher, die das bisherige Kyoto-Protokoll abschwächten, künftig geschlossen werden.

Thema der Debatten war auch die Finanzierung von Klimaschutz in Entwicklungsländern und deren Anpassung an den Klimawandel. Woher die geplanten Milliardensummen für diesen Fond kommen sollen, sei auch in Durban nicht geklärt worden. "Von der Dringlichkeit der Klimakrise war in den klimatisierten Verhandlungsräumen nichts zu spüren, obwohl Afrika vom Klimawandel schon heute stark betroffen ist", sagte Kaiser. "Mit diesen Beschlüssen steuern wir weiter auf eine Welt von vier bis sechs Grad Erwärmung zu." Bereits eine durchschnittliche Erwärmung von zwei Grad global würde für viele Länder Afrikas vier Grad oder mehr bedeuten.

Das Ende der Klimakonferenz bedeute eine bittere Enttäuschung für die ärmsten Menschen auf der Welt, erklärte CARE International. "Die Verhandlungsparteien haben einfach ihre Hausaufgaben nicht erledigt, die sie in Cancún im letzten Jahr bekommen haben. Diese Aufgaben wären durchaus erreichbar gewesen mit ausreichendem politischen Willen. Damit lassen sie Millionen Menschen im Stich, die heute schon unter den Folgen des Klimawandels leiden und die aber am wenigsten Schuld an der Erderwärmung tragen", sagte Tonya Rawe, Policy-Referentin von CARE USA. "Der fehlende politische Wille und Sinn für Dringlichkeit ist unentschuldbar. Denn langfristig gesehen werden die menschlichen und wirtschaftlichen Kosten des Klimawandels jene der momentanen Wirtschaftskrise noch bei weitem übersteigen."

Das Ergebnis, das Kyoto-Protokoll mit einer zweiten Verpflichtungsperiode fortsetzen zu wollen, sei zwar ein Fortschritt, andererseits betreffe es nur 15 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen, erklärte die Welthungerhilfe. 

Die Entwicklungsländer hätten sich in Durban an die Seite der Europäischen Union gestellt, nun müsse Europa im Gegenzug auch schnell und ausreichend Mittel bereitstellen, damit sich die armen Länder der Weltgemeinschaft besser an die Folgen des globalen Klimawandels anpassen können, forderte der Klimareferent der Welthungerhilfe, Michael Kühn.

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