bmz_100Berlin. - Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat den Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) um knapp 125 Millionen Euro gekürzt. Dem Entwicklungsministerium stehen für das Jahr 2013 damit rund 6,3 Milliarden Euro zur Verfügung. Die schwarz-gelbe Regierungskoalition verabschiedet sich damit auch vom mehrfach bekräftigten 0,7 Prozent Ziel.

"Die Ergebnisse der Bereinigungssitzung bedeuten einen herben Rückschlag für den Entwicklungsetat", erklärte Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) am Freitag in Berlin. "Statt des ursprünglich von der Regierung angedachten moderaten Aufwuchses muss das BMZ nach jetzigem Stand Kürzungen in Höhe von 87 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr verkraften. Im Vergleich zum Regierungsentwurf sinkt der Etat 2013 sogar um 124 Millionen Euro. Insgesamt verfügt das BMZ damit für das kommende Jahr über einen Etat von knapp 6,3 Milliarden Euro."

Das Parlament habe mit dieser Entscheidung "sein Haushaltsrecht genutzt und für den Haushalt 2013 andere Prioritäten gesetzt als die Bundesregierung", sagte Niebel. Das sei zu akzeptieren. Damit verabschiede sich das Parlament allerdings zugleich von dem erstmals vor 43 Jahren international versprochenen Ziel, bis 2015 0,7% des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit einzusetzen (ODA-Quote).

"Ich respektiere die Entscheidung des Parlaments, zugleich stelle ich aber fest, dass Deutschland dem selbst gesteckten Anspruch nicht mehr gerecht werden kann", erklärte Niebel. Auf das BMZ entfielen etwa 2,1 Prozent des Gesamtbudgets. Mit einem Anteil von fast zehn Prozent an den Einsparungen müsse das BMZ aber überproportional zur Haushaltskonsolidierung beitragen.

Die sogenannten Verpflichtungsermächtigungen (VE), mit denen große Vorhaben über mehrere Jahre in den Haushalt eingestellt werden, wurden Medienberichten zufolge sogar um knapp 250 Millionen Euro gekürzt.

Die entwicklungspolitische Lobby-Organisation ONE reagierte mit Kritik und Unverständnis auf die Kürzungspläne. "Über Nacht werden mal eben Gelder für das Entwicklungsministerium gekürzt, als ob es nicht klare internationale Verpflichtungen für signifikante Erhöhungen gäbe. Dies war eine Wortbruch- und keine Bereinigungssitzung", erklärte der Direktor von ONE in Deutschland, Tobias Kahler. Deutschland habe sich verpflichtet, bis zum Jahr 2015 0,7% seiner Wirtschaftsleistung für Entwicklungsausgaben einzusetzen und liege derzeit mit etwa 0,4% weit dahinter.

"Die Kürzungen könnten sich negativ auf die bisherigen Anstrengungen von Entwicklungsländern beispielsweise in den Bereichen Gesundheit und Bildung auswirken", kritisierte Christoph Waffenschmidt, der Vorstandsvorsitzende von World Vision Deutschland. "Diese Entwicklung sehen wir mit großer Besorgnis." Gerade in Zeiten steigender Steuereinkommen dürfe an der Hilfe für die Ärmsten nicht gespart werden. Mit der Kürzung setze der Bundestag das falsche Signal für die künftige Entwicklung.

"Stimmt die Koalition in der übernächsten Woche im Plenum genauso ab wie im Haushaltsausschuss, dann würde der Entwicklungsetat erstmals seit langer Zeit wieder sinken", kommentierte der grüne Entwicklungspolitiker Thilo Hoppe. "Das wäre katastrophal für die Glaubwürdigkeit Deutschlands in der Welt und eine schlechte Nachricht für die Menschen in den Entwicklungsländern: Deutschland spart bei den Ärmsten der Armen."

"Dies ist eine Bankrotterklärung der schwarz-gelben Entwicklungspolitik", sagte die entwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Heike Hänsel. "Zwänge aus der fatalen Sparpolitik der Bundesregierung mit Schuldenbremse und Fiskalpakt sind nun auch in Deutschland angekommen."

Mit Unverständnis haben auch Welthungerhilfe und terre des hommes auf die Ergebnisse der Haushaltssitzung des Bundestages reagiert: "Dies ist ein völlig falsches Signal in einer Zeit, wo durch globale Entwicklungen wie den Klimawandel, die Migration und die Ressourcenverknappung neue Herausforderungen in der Entwicklungszusammenarbeit auf uns zukommen", kommentierte Wolfgang Jamann, Generalsekretär der Welthungerhilfe, die Kürzungen.

"Wir können diese Kürzungen nicht hinnehmen, sondern werden in den kommenden Wochen intensive Gespräche mit den Parlamentariern führen. Diese Entscheidung muss noch einmal überdacht werden", sagte die Vorstandsvorsitzende von terre des hommes, Danuta Sacher. 

Beide Hilfswerke stellen in zwei Wochen den Bericht zur Wirklichkeit der Entwicklungspolitik vor, in dem die aktuellen Zahlen und Entwicklungen kommentiert werden.

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