gfbvGöttingen. - Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat die unverzügliche Entsendung von Menschenrechts-Beobachtern der Vereinten Nationen nach Zentral- und Nord-Mali gefordert. Sie sollen Vorwürfe untersuchen, in jüngst von radikalen Islamisten zurückeroberten Städten habe die malische Armee die Menschenrechte verletzt, erklärte die GfbV am Mittwoch in Göttingen.

"Ohne den Einsatz unabhängiger Beobachter wird niemand erfahren, was in den Städten Konna, Sévaré, Diabaly, Niono und Douentza tatsächlich passiert ist", sagte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. "Doch es muss dringend geklärt werden, denn diese Gerüchte von Übergriffen malischer Soldaten sind Gift für das Zusammenleben der verschiedenen ethnischen Gemeinschaften und lösen eine neue Flüchtlingswelle aus." Tuareg, Songhai und Araber fliehen seit Beginn der Militärintervention aus Angst vor Racheakten malischer Soldaten aus den Städten Nord-Malis.

Sowohl internationale Menschenrechtsorganisationen, als auch der Verband der in Nord-Mali lebenden Araber "Al Carama" und Tuareg-Vertreter hatten in den letzten drei Tagen über mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen malischer Soldaten berichtet. Malische und französische Menschenrechtler beklagten das Verschwinden von Personen in der Stadt Niono. Tuareg berichteten von fünf ermordeten Zivilisten, unter ihnen ein Tuareg-Marabout sowie sein Onkel. Die Marabouts sind Geistliche oder Wahrsager, die sehr hohes Ansehen in der Tuareg-Gesellschaft genießen. In Sévaré sollen Menschen exekutiert oder in Brunnen geworfen worden sein. Die Leichen seien verbrannt worden.

"Bislang wird der Krieg in sorgsam von Journalisten und Menschenrechtlern abgeriegelten Regionen geführt", kritisierte Delius. "In den Medien vermittelt Frankreichs Armee das Bild eines 'sauberen Krieges', mit 'chirurgischen Eingriffen' (Bombardements), die 'Millimeter genau' geführt werden. Dass dies nicht die ganze Realität eines Krieges ist, dürfte auch die Presseabteilung der französischen Armee wissen."

Trotzdem habe Frankreichs Militär erst anderthalb Tage nach der Rückeroberung Journalisten in die Stadt Diabaly gelassen. Augenzeugen berichteten, dass dort zuvor bei Kämpfen mindestens 50 Islamisten getötet worden seien. Doch als Medienvertreter in die Stadt gelassen wurden, habe es keine Spuren der Auseinandersetzungen mehr gegeben.

Auch Abgeordnete aus dem Kreistag der im Nordosten Malis gelegenen Region Kidal warnen nach Angaben der GfbV vor wachsenden ethnischen Spannungen und einem Auseinanderbrechen der malischen Gesellschaft. Sie seien darüber alarmiert, dass ganze ethnische Gemeinschaften pauschal zum Sündenbock erklärt werden. So nehme die Angst unter den Menschen immer mehr zu.

"Wir Menschenrechtler sind besonders besorgt über den wachsenden Einfluss der beiden Milizen 'Ganda Izo' und 'Ganda Koi'", erklärte Delius. In ihnen seien mehrere tausend Malier zusammengeschlossen, die Nord-Mali mit Waffengewalt zurückerobern wollten. "Das ist normalerweise die Aufgabe der Armee. Niemand kontrolliert diese Milizen, von denen schon bald massive Übergriffe auf vermeintliche Unterstützer der Islamisten ausgehen könnten."

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